Halleiner Motoren Werke |
Geschrieben von Fritz Ehn | |
Heft bestellen - HMW - Halleiner Motoren Werke Vom Fuchs Fahrradhilfsmotor zum Baukastensystem. Fritz Ehn erzählt die Geschichte.Historisches Material: Archiv Fritz Ehn Photos: Franz Pulkert Aufstieg und Ende der "HMW Halleiner Motorenwerke" ist ein Sittengemälde österreichischer Nachkriegs-Industriegeschichte. Es ist geprägt von unbändigem Glauben an die Zukunft des Landes, erringt mit Fleiß, Leistung und Können der Techniker und Mitarbeiter des Werkes fantastische Verkaufserfolge und bringt es schließlich als Höhepunkt der Entwicklung zum modernsten Mopedwerk Europas. Doch vergurkte Modellpolitik, falsche Verlockungen der "öffentlichen Hand" und eine jederzeit knappe Kapitaldecke bringen 1962 das Aus für diese im Dezember 1948 als Aktiengesellschaft gegründete Firma. Alles beginnt jedoch mit dem Fuchs-Motor ... Fuchs-Motor1. Motorenwerk Ing. Anton Fuchs, Rabenstein a.d. Pielach N.Ö.2. Motorenwerk Fuchs-Königer AG. Hallein. Der in St. Pölten geborene Anton Fuchs (1907-1987) verbringt bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs einen Großteil seines Technikerlebens bei Victoria in Nürnberg, wo er auch maßgeblich an der Entwicklung eines modernen, leistungsfähigen Fahrradhilfsmotors, des Victoria "Vicky", beteiligt ist. Nach Kriegsende und Rückkehr in seine Heimat konstruiert er, basierend auf seinem bei Victoria erworbenen Know-how, einen eigenen Motor. Im Frühjahr 1947 tritt er erstmals mit seiner Idee des seitlich hinten an jedem Fahrrad anzubringenden Hilfsmotors an die Öffentlichkeit. Dieser gelungene Prototyp ließ die Herzen vieler Radfahrer höher schlagen, die sich nun schon von der lästigen Arbeit des Strampelns entledigt sehen. Die österreichische Fachzeitschrift für Motorsport und Technik, "Motor" berichtet über den Fuchs-Motor bereits vor seinem Produktionsanlauf in Heft 6/1948 wie folgt: "Ein Fuchs hat einen tiefen Bau und kommt lange nicht heraus, wenn auch noch so viele auf ihn warten. Kommt er jedoch heraus, erweist er sich als so schnell, dass die Verfolger ihre liebe Not haben. Auf den Fuchs-Motor täten auch schon viele warten ... Aber schnell ist er wirklich. Und er ist auch sonst Extraklasse - dazu ist er aber auf Grund seines höheren Aufwandes direkt verpflichtet. Der Motor sitzt links, seitlich des Hinterrades, stützt sich mittels einer besonderen Strebe auf der Hinterachse ab und treibt das Hinterrad über eine kurze Kette an. Der Vergaser ist gänzlich eingebaut; der Gemischeinlass wird durch einen Drehschieber gesteuert. Letzteres sichert dem Motor gute Leistung über einen weiten Drehzahlbereich. Um diese wirtschaftlich ausnützen zu können, besitzt das Antriebsaggregat zwei Gänge, die von kräftigen Spreizkupplungen durch einfaches Umlegen eines auf dem oberen Rahmenrohr befestigten Hebels geschaltet werden." Im ersten Prospekt über diesen Motor aus dem Jahre 1948 wird er in Verbindung mit einem Fahrrad als ein für "jedermann erschwingliches, leistungsfähiges, zuverlässiges, kraftstoffsparendes, zeitgemäßes Volksfahrzeug" angepriesen. Tatsächlich wird der Motor dann erst Mitte 1949 in den Handel gebracht. Die in Wien erscheinende internationale Fachzeitschrift "Motorrad" schreibt dazu in Heft 9 vom 15.4.1949: "Es war immer und zu allen Zeiten ein langer Weg von der ersten praktischen Ausführung einer Idee bis zur Serienherstellung. Kein Wunder also, dass sich durch die sattsam bekannten Nachkriegsschwierigkeiten der Weg des ,Füchsleins‘ ganz besonders in die Länge zog ... Nun ist in der Zwischenzeit nicht nur ein geeigneter ,Fuchsbau‘ gefunden, sondern auch die maschinelle Einrichtung soweit vorwärts getrieben worden, dass die Gefahr der Auslieferung des so lang erwarteten Fuchs-Motors tatsächlich akut zu werden verspricht." In Ausgabe 15 des gleichen Jahrgangs wird als Produktionsstätte "Motorenwerk Fuchs-Königer AG. Hallein" angeführt. Dies deutet darauf hin, dass Wilhelm Königer als Finanzier gewonnen werden konnte. Aus diesem Konstrukt gehen nach verschiedenen Quellen (u.a. "Die Halleiner Motorenwerke" von Volker Rothschädl) nach internen Querelen die "Halleiner Motorenwerke", kurz HMW hervor. Darüber hinaus präsentiert der Erfinder Ing. Fuchs eine weitere, weit über den Stand der damaligen Motorinstandsetzung hinausgehende Idee: Das Fuchs-Austauschsystem. Diese sieht die Instandsetzung der überholungsbedürftig gewordenen Fuchs-Motoren im Werk vor. Und so lautet die Ankündigung im Prospekt: "Ist ein Motor nach langer Benützung in seiner Leistung gesunken, wird er durch jede Fuchs-Kundendienststelle sofort gegen einen neuen oder generalüberholten Motor ausgetauscht. Die Instandsetzungskosten des Werkes für den abgegebenen Motor werden nachträglich als Umtauschgebühr verrechnet. Für die Austauschmotoren wird Neuwertigkeit garantiert. Die einmalige Anschaffung eines Fuchs-Motors ermöglicht somit seine fortgesetzte Erneuerung." Im Frühjahr 1949 beschreibt die Fachzeitschrift "Motorrad" den Motor wie folgt: "Die Kraftquelle steht als hausbackener Zweitakter auf durchaus gesunder Grundlage, 35 mm Bohrung und 40 mm Hub ergeben ein Hubvolumen von exakt 38,48 cm³. Bei einem Verdichtungsverhältnis von 1:6,5 erreicht der Motor bei rund 5.000 minütlichen Umdrehungen eine Höchstleistung von 1 PS. Die zulässige Dauerleistung wird mit 0,8 PS bei 4.000 Umdrehungen angegeben, was einer Dauergeschwindigkeit von zirka 25 Kilometern in der Stunde entspricht. Der Kraftstoffverbrauch beläuft sich dabei auf etwa 1 1/4 Liter für 100 Kilometer. Das relativ günstige Verhältnis von Leistung und Verbrauch ist einerseits auf die durch den Drehschieber bedingte gute Füllung und andererseits auf die sorgsam ausgeklügelte Steilstromspülung zurückzuführen. Die Schmierung der bewegten Motorteile erfolgt durch Beimischung zum Kraftstoff im Verhältnis von 1:20. Zum leichteren Starten trägt der abnehmbare LeichtmetalIzylinderkopf ein Dekompressionsventil ... In dem kompakten Antriebsblock ist ein Zweiganggetriebe enthalten, dessen Gänge durch Spreizringkupplungen von der Lenkstange aus geschalten werden ... Die Gesamtübersetzungen betragen 1:21,7 und 1:33,5." Der Fuchs-Motor wird infolge seiner leichten Montagemöglichkeit an jedes Fahrrad ohne Rahmenumbau zu einem großen Verkaufserfolg. Der Montagebügel, der den Motor und den Tank aufnimmt ist so ausgelegt, dass keinerlei Belastungen auf den Rahmen übertragen werden. Der Fuchs-Motor ist ein echter Beitrag zur Volksmotorisierung in den ersten Nachkriegsjahren. Ing. Fuchs ist ab 1949 als Cheftechniker in Hallein. Seine Idee des Baukastensystems sollte jedoch bei HMW erst lange nach seinem Abgang in der letzten Phase der Existenz des Werkes verwirklicht werden. Fuchs hat natürlich sehr schnell die eigentliche Schwachstelle des Fahrradhilfsmotors ausgemacht. Es ist das Fahrrad, das durch die Vibrationen und das ständig angreifende eine PS zu Rahmen- und Radbrüchen neigt. 1951 ist er auch derjenige, der das erste österreichische "Moped" - dieser Fachausdruck steht für "motorisierte Pedale" und wird erst 1953 auf der IFMA kreiert - namens Foxinette, auf den Markt bringt. Ein genial konzipiertes Fahrzeug mit dem Motor beim Tretlager und einem elegant geschwungenen Rahmen aus Pressblech-Profil, welcher auch als Tank dient. Aus der Feder von Ing. Fuchs stammt 1950 die Neukonstruktion des Fuchs-Motors, da dieser große Ähnlichkeit zum Victoria-Fahrradhilfsmotor aufweist, zu Patentstreitigkeiten führt und unfreiwillig Lizenzgebühren verschlingt.1 (Siehe dazu auch Anmerkungen Seite 46.) Der neue Motor hat nach der Vorverdichtung im Kurbelgehäuse eine konventionelle Schlitzsteuerung, nennt sich zum Unterschied vom bisherigen FM 40 benannten Drehschiebermotor FM 40 S, wobei S für "Salzburg" steht. In heutigen Sammlerkreisen unterscheidet man sie nach der äußeren Form, Ovalfuchs und Rundfuchs. HMW-Mopeds in Hallein1. Halleiner Motorenwerke HMW, Hallein OÖ.2. HMW - Halleiner Motorenwerke, Hinterberger, Schreitl & Co., Kottingbrunn, NÖ. Der Fuchs-Motor ist da! 1950 wird der Fuchs-Motor auf der "Wiener Internationalen Automobil- Ausstellung" wie folgt vorgestellt: Motorenwerk Fuchs-Königer AG. Hallein: An Fahrradhilfsmotoren ist die Auswahl infolge der Einfuhrverhältnisse und der schwierigen Preisgestaltung einigermaßen eingeschrumpft. Neben dem österreichischen Fuchs-Motor, der sich allen ihm entgegenstehenden Hindernissen zum Trotz endlich durchgesetzt hat, steht nur der italienische Cucciolo. Und als Vertretung der Fuchs-Motoren bietet die Firma Auto-Jellinek in der Schönbrunner Straße 138 im 12. Wiener Gemeindebezirk ihre Dienste an. Erste Exporterfolge. Die österreichische Fachzeitschrift "Kraftfahrzeug Technik" merkt in Heft 9 vom Mai 1951 an: "Fuchswerke Hallein: Die verhältnismäßig junge Aktiengesellschaft in Hallein, die im Dezember 1948 gegründet wurde, blickt bereits auf eine beachtliche Ausstoßziffer, die bis heute ungefähr 25.000 Einheiten beträgt und stellt einen devisenbringenden Exportfaktor dar. Zur Illustration sei gesagt, dass im ersten Viertel des Jahres 1951 allein 3.000 Motoren nach Holland geliefert wurden. Der 38 cm³ Fahrrad-Einbau-Motor, der die österreichischen Straßen stark bevölkert, hat sich nach der ersten Entwicklungsphase sehr gut behauptet und steht leistungsmäßig und auch optisch an der Spitze der europäischen Erzeugnisse." Weiters wird in diesem Artikel auch von der Vorstellung eines Lastendreirades auf der Wiener Frühjahrsmesse berichtet, das von einem Dreigangmotor mit 48 cm³ und einer Leistung von 1,7 PS bei 5.000/min angetrieben wird. Als Höchstgeschwindigkeit werden 27 km/h und eine max. Steigfähigkeit von 20 % angegeben, die Nutzlast beträgt 100 kg, die Startvorrichtung wird auf Wunsch durch Tretkurbeln oder durch Kickstarter hergestellt. Tatsächlich ging der Dreigangmotor, auch mit Gebläsekühlung, erst etliche Jahre später in Serie, dieses Lastendreirad scheint eine Studie gewesen zu sein. Auch von einem kleinen Außenbordmotor berichtet der Artikel: "Man hat einen 48 cm³ Außenbordmotor gebaut, der ebenso wie der Dreiradmotor gebläsegekühlt ist. Bei 4.800/min leistet der Außenborder 1,6 PS und treibt das Schiffchen je nach Gewicht und Belastung mit 8 bis 12 km/h (schwere Boote) oder 12 bis 16 km/h (bei leichten Booten). Die Anbringung des Motors kann entweder seitlich oder direkt im Heck durchgeführt werden. Mittels Schnurstarts wird der Motor in Gang gebracht." Und dann kündigt diese Zeitung noch die eigentliche Sensation des Modelljahres 1951, nämlich das erste Moped Österreichs mit dem Namen "Fuchsinette" an. Dieses Fahrzeug heißt dann tatsächlich "Foxinette" (Typ FM 41 A mit ungefederter Fahrradgabel) und ist derart erfolgreich, dass es den Grundstein für die Mopedfertigung in dem nunmehr HMW - Halleiner Motoren Werke genannten Betrieb legt. 1951 schreibt Helmut Krackowizer über seine Erfahrungen als "hartgesottener" Motorradfahrer mit dem Fuchs-Motor unter dem Titel "Auf den Fux gekommen" in Motorrad, Heft 1: "Natürlich zieht der Motor, besonders im kleinen Gang ganz erkleckliche Steigungen hinauf, doch der Sinn des motorisierten Rückenwindes ist es nun nicht, dass der Fahrer seine Herkunft vom Fahrrad vergessen soll und zum Treten zu faul wird. Wenn sie merken, der Motor beginnt zu schuften, wird er es ihnen mit wesentlich längerer Lebensdauer belohnen, während ihrerseits das Mittreten durchaus nicht so kräftig auszufallen braucht, wie sie es vom Radfahren gewohnt sind." Die Victoria-Probleme eskalieren. 1952 wird erstmals der Name "Halleiner Motorenwerke AG." verwendet. Anlässlich der Wiener Frühjahrsmesse schreibt das "Motorrad" in Heft 12: "Fuchs-Motoren und die neue Foxinette (Modell FM 41 B mit Trapez Federgabel, Anm.) bilden den Anziehungspunkt dieses Standes. Besonders vermerkt soll werden, dass die Foxinette nun mit einer Federgabel ausgestattet wird." In etlichen Heften des "Motorrades" wird über Bastelarbeiten am Fuchs-Motor berichtet, ein Edelbastler namens Brand erbaut sogar einen Kleinstroller mit Fuchs-Motor. Und: die Patentprobleme mit Victoria und deren Fahrrad-Hilfsmotor Vicky eskalieren offensichtlich derart, dass das Motorrad in Heft 32/1952 immer nur vom "Viki-Fuchs" spricht. "Der Viki-Fuchs ist dem Motorrad am Ähnlichsten, als Kind der Berge bringt er ja auch zwei Gänge mit. Durch den Drehschieber kann er unten doch noch allerhand und zieht beim Beschleunigen sehr erfreulich dahin. Und weiter zum Mofa: Mit einer Einschränkung gehört auch die Foxinette hierher. Sie stellt die hübsche Lösung eines Mofas, allerdings mit den Fahrleistungen eines Famos (Fahrradmotor, Anm.) dar. Bringt technisch gegenüber einem Fahrrad nur Vorteile, denn das gesamte Fahrzeug wurde im Ganzen komponiert." Der neue "Rundfuchs" ist da. 1953 wirbt die Halleiner Motorenwerke AG. im "Motorrad", Heft 12 vom 21.3.1953: Billiger, formschöner, reichhaltigere Ausstattung - die neuen Modelle 1953 Foxinette FM 41S und Fuchs-Fahrrad-Anbaumotor FM 40 S. Die neue Foxinette FM 41 S mit dem "Rundfuchs"-Motor unterscheidet sich vom Vorgängermodell vor allem durch den geänderten Rahmenbau zur Aufnahme des neuen Motors, der dem neuen Modell einen tieferen Schwerpunkt gibt. Als Werbung für die neue Foxinette wird über eine Fernfahrt berichtet: "5.000 km Nonstop in Tag- und Nachtfahrt: Während der internationalen Fahr- und Motorradausstellung in Amsterdam wurde mit einer Foxinette FM 41S eine Nonstopfahrt über 5.000 km ununterbrochener Tag- und Nachtfahrt, auf einem Straßenrundkurs Amsterdam - Utrecht - Baarn - Amsterdam, der 50 mal durchfahren werden musste, durchgeführt ... Gesamtfahrzeit über 190 Stunden." Im Katalogteil des "Motorrad"-Heftes Nr. 12 wird, versteckt unter den anderen HMW-Produkten das neue "richtige" Mopedmodell HMW 50 Typ Z - für Österreich mit Zweigangmotor - angeführt. Das erste echte HMW-Moped und der Bambi-Roller. 1954 beginnt mit dem Auftritt des im Vorjahr vorgestellten ersten "richtigen" HMWMopeds in Österreich die eigentliche Erfolgsgeschichte der Firma HMW. Dieses wird auch vom "Motorrad" in Heft 12 vom 30.3.1954 anlässlich der Zweiradausstellung beschrieben: HMW 50Z: "Mit diesem neuen Moped wurden bereits bedeutende Verkaufserfolge erzielt, bevor es noch auf dem österreichischen Markt erschien. Der Zweigang-Einbau-Motor bewältigt Steigungen von 20 % im ersten Gang, ohne mittreten. Die erreichbare Höchstgeschwindigkeit des Motors von 50 km/h muss in Österreich leider auf 30 km/h beschränkt bleiben." Fuchs FM 40 S ("Rundfuchs" Anm. d. Verf.): Der Fuchs-Motor hat sich als erster österreichischer Fahrrad-Hilfsmotor nach dem Krieg durchsetzen können. Der unverwüstliche Zweitakter verträgt stundenlange Hetzjagden und nimmt Überdrehzahlen geduldig hin." In diesem Jahr 1954, als die großen österreichischen Rollerhersteller Lohner und Puch bereits seit Jahren auf dem Markt sind und auch Kleinproduzenten wie Kosty, Kauba oder Colibri bereits ihre Fahrzeuge verkaufen, kommt auch HMW mit einem führerscheinpflichtigen Roller auf den Markt. "Austro-Motor" merkt in Heft 4/1954 anlässlich der Eröffnung der "Internationalen Automobil- und Zweiradausstellung" am Messegelände in Wien am 7. März 1954 folgendes an: "Die größte Überraschung bildet hier aber wohl der neue Roller HMW 75 RG der Halleiner Motorenwerke. Als Antriebsquelle dient ihm ein gebläsegekühlter Zweitaktmotor von 75 cm³ Hubraum mit 3,8 PS bei 5.000 U/min. Zweiganggetriebe, Kickstarter, Einscheibenkupplung im Ölbad und Schaltdrehgriff sind weitere technische Details. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h soll der Normverbrauch 1,8 Liter auf 100 km betragen. Je nach Ausführung wird dieses formschöne Fahrzeug, mit dessen Auslieferung im Juli begonnen wird, öS 4.900,- bis öS 5.500,- kosten." Rückblickend darf festgestellt werden, dass dieser Roller, der ursprünglich als "nackter" Kleinroller geplant war, im nächsten Jahr unter dem Namen "Bambi" mit etlichen technischen Änderungen und vor allem einer Vollverkleidung angeboten wird, lediglich ein Minderheitenprogramm blieb. Laut werkseigenem HMW-Mitteilungsdienst mit Sperrfrist per 11.3.1955 wurde im Dezember 1954 der 100.000ste HMW-Motor fertiggestellt, und es sind mehr als 600 Werktätige beschäftigt. Es wird auch auf Meisterschaftstitel im holländischen Motorsport verwiesen, auf die Goldmedaille bei der holländischen Winterfahrt und auf den modernen Rollenprüfstand mit Windkanal im Werk. Telegabel und Schwinge für Moped und Wiesel. 1955 wird der Firmenname abermals adaptiert und lautet nunmehr: Halleiner Motorenwerke Hinterberger, Schreitl & Co., vormals Halleiner Motorenwerke AG. Doch die Modellpalette passt genau für die Zeit des beginnenden Wirtschaftswunders. Sie beginnt mit dem Fuchs-Fahrrad-Hilfsmotor und der Foxinette. Das erste HMW-Moped Type Z, welches für den Export auch mit Eingang-Automatikmotor geliefert wird und in Österreich für das bergige Terrain mit dem Zweigang-Schaltmotor zum Verkaufsschlager wird, weist ebenso wie die Foxinette noch eine Trapez-Federgabel auf. Doch das neue HMW 50 N Modell (N steht für "Neuer Motor") mit Teleskopgabel und luftgekühltem Motor gibt die Linie des österreichischen "Volksmopeds" für die kommenden Jahre vor. Und auch das HMW-Wiesel-Leichtmotorrad tritt erstmals auf. So schreibt "Austro-Motor" in Heft 4/1955 anlässlich der "Motorschau der Wiener Internationalen Frühjahrsmesse" am Messegelände in Wien: "Die Halleiner Motorenwerke AG. stellte außer einem Leichtmotorrad ,Wiesel‘ das altbekannte Programm an Fahrrad-Hilfsmotoren, Mopeds und den Kleinroller ,Bambi‘ aus. Insbesondere die Mopeds aber haben seit ihrem erstmaligen Erscheinen im Vorjahr eine beachtliche Entwicklung durchgemacht ... So weisen die Mopeds zum Beispiel Vorder- und Hinterradfederung auf ... Die verwendeten Motoren, die das Werk durchwegs selbst konstruiert und herstellt, sind leistungsfähig und auf österreichische Terrainverhältnisse abgestimmt. So gibt das Werk für seine neuen Mopedtypen bei ungedrosseltem Motor der 2,2 PS bei 6.100 U/min leistet ein Steigvermögen im ersten Gand von 23 % und im zweiten Gang von 10,5 % an, während beim gedrosselten Motor, der eine Leistung von 0,95 PS bei 3.600 U/min aufweist, das Steigvermögen im ersten Gang 16 %, im zweiten 7 % beträgt. Das HMW-Moped wird als Superluxus-, Sport-, Luxus-, Volksmoped und Transporter (Lastendreirad, Anm.) geliefert. Das Aussehen des sehr ansprechenden, sportlich wirkenden Motorrades Wiesel klingt leicht an die Erzeugnisse italienischer Firmen an ... Die sportliche Note erhält sie unter anderem durch einen Büffeltank sowie eine Sitzbank für zwei Personen." Der 75 cm³ luftgekühlte Einzylinder-Zweitaktmotor des Wiesel leistet 4 PS bei 6.200/min, die Kraft wird über eine Mehrscheiben-Ölbadkupplung und ein Zweiganggetriebe auf das Hinterrad übertragen. Zwei Gänge sind allerdings in der damaligen Kleinmotorrad-Landschaft (KTM R 100 und diverse italienische Kleinmotorräder) nicht mehr zeitgemäß. Die Modellpalette wird immer umfangreicher. 1956: HMW geht mit einer umfangreichen Palette in das neue Modelljahr: Bei den Motorrädern mit dem "Wiesel" Leichtmotorrad Typ 75 L M zum Preis von öS 5.000,-, dem Motorroller R 75 (mit zwei Einzelsitzen) um öS 5.900,-, drei Mopedmodellen (VM 40 - Foxinette mit Trapezgabel um öS 2.800,-, 50 L um öS 3.770,-, 50 S H detto öS 3.770,- und 50 SL um öS 4.070,-) und zwei Einbaumotoren dem Typ EM 50 mit 2,2 PS bei 6.000/min und dem Typ EM 75 mit 3,2 PS bei 4.800/min. Beide Einbaumotoren weisen Zweiganggetriebe auf, das Modell 75 hat Gebläsekühlung. Österreichische Kunden bei HMW sind übrigens die Mopedfabriken Delta Gnom/Wien, RWC Radwerke St. Christophen/NÖ, Glockner aus Biberwier/Tirol (Modell Luxus um öS 3.900,-) und Junior Köflach/Stmk. mit dem Modell 50 H um öS 3.900,-. Alle diese Hersteller haben jedoch auch ein Parallelmodell mit dem Einbaumotor von Puch (aus dem MS 50) im Programm. Laut werkseigenem HMW-Mitteilungsdienst weisen HMW-Mopeds des Jahrgangs 1956 folgende Merkmale auf: Alu-Vollnabenbremsen im Vorder- und Hinterrad, hochglanzpoliert, Nabendurchmesser 105 mm, neue, verbesserte Teleskopgabel sowie Teleskopschwinge hinten, hochglanzverchromte Felgen, serienmäßig eingebaute Tachometeranlage, verchromte Stahl-Tretkurbeln, 6,5 Liter Tank, Lichtanlage 6V/17W, Modell SL mit geschlossenem Kettenkasten. Das "Motorrad" schreibt in Heft 8/1956 über die Fernfahrt des Wieners Stefan Waigand (der in den darauf folgenden Jahren auf Puch MS 50 eine Weltumfahrung über 120.000 Kilometer macht) auf einem HMW 50/ZL Moped aus dem Baujahr 1954 u.a.: "Das Moped hält es aus." Am Tag vor Weihnachten (also am 23. Dezember 1955, Anm.) traf in Wien ein Weltreisender ein: Stefan Waigand. Er fuhr seine 62.000 km tatsächlich mit einem Moped, doch lassen wir ihn selber erzählen, wie sich das Moped bewährte: "Bei der Abfahrt am 25. März 1954 startete ich mit einem serienmäßigen HMW 50 ZL. Tatsächlich legte ich dann in einer Zeitspanne von 21 Monaten eine Strecke von rund 62.000 km zurück. Das waren in groben Umrissen meine Route: Wien - Belgrad - Istanbul - Teheran - Pakistan - Lahore - Delhi - Kalkutta - Khyberpass - Teheran - Bagdad - Kairo - Eritrea - Somalia - Nairobi - Victoriasee - Kano - Tanezrouft - Tanger - Algeciras - Barcelona - Marseille - Genua - Wien. Der Motor bewährte sich während der ganzen Fahrt phantastisch. Abgesehen vom normalen Verschleiß (Kolbenringe, entrußen, Anm.) hatte ich keinerlei Pannen - immer war ich imstande, meine Fahrt fortzusetzen. Einen schweren Sturz hatte ich an der afghanischpersischen Grenze, die Gabel wurde dabei so verbogen, dass ich an einem Weiterfahren zweifelte. Aber immerhin gelang es auch da, mit Hilfe von Steinen, die Sache wieder gerade zu bekommen. Den schwersten Unfall meiner Fahrt hatte ich aber in einer Vorstadt von Valencia. Ich fuhr in einen aufgerissenen Kanal und überschlug mich kopfüber. Diesmal bekam die Gabel ihren Knax, aber die angeknackte Stelle wurde geschweißt und damit hatte sich die Sache. Die letzte große Etappe war die Durchquerung der Sahara und im Besonderen des berüchtigten Tanezrouft (Land des Durstes). Auch hier hatte ich - außer einigen Stürzen im Sand - keine nennenswerten Schwierigkeiten mit dem Moped, nur die Franzosen verhafteten mich einige Male. Das Moped allerdings sieht nun am Ende der Fahrt wüst genug aus, aber es hat mich nie im Stich gelassen. Immer war ich imstande, die Fahrt fortzusetzen; es ist meiner Meinung nach das ökonomischste Beförderungsmittel der Welt." Auch widmet "Motorrad" in Nummer 16/1956 dem diesjährigen Spitzen-modell HMW 50 SL einen ausführlichen Testbericht und kommt u.a. zu folgendem Ergebnis: "Das Moped ist motorisch nicht mehr leicht zu überbieten, sein solides Fahrgestell einschließlich der vorne etwas harten Federung verträgt anstandslos normale Beanspruchungen. Übersichtliche Anordnung der Hebel, bequeme Sitzweise und gute Straßenhaftung sind die hervorstechendsten guten Eigenschaften des Mopeds." Als Kritikpunkt wird der zu schwache Mittelständer ins Treffen geführt. Pressstahlrahmen, Kurzarmschwinge und ein Sportmoped. Die Modelle 1957 werden vom werkseigenen HMW-Pressedienst im November 1956 angekündigt: "Die Halleiner Motorenwerke haben anlässlich der vor kurzem zu Ende gegangenen 3. IFMA in Frankfurt am Main, der größten Zweiradausstellung der letzten Jahre und auf der gegenwärtig in London stattfindenden internationalen Zweiradausstellung ihre HMW Mopedmodelle 1957 erstmalig der Fachwelt vorgestellt. Die neuen Mopedmodelle führen die Bezeichnung HMW 50 LP ,Luxus‘ und HMW 50 SS Supersport." Das neue Supersport-Moped wurde auch als Leichtmotorrad "75 LM" angeboten. Das neue "Luxus"-Modell ist das erste von HMW in Pressstahlbauweise gefertigte Moped und damit der Vorläufer der bis zum Ende der Existenz von HMW gefertigten Baukastenmodelle. Diese von der maschinellen Ausstattung extrem teure Fertigung (Stichwort Karosseriepressen) amortisiert sich nur über sehr große Stückzahlen. Auch das erste HMW-Sportmoped, das einsitzige Modell 50 SS "Supersport" wird also bereits bei der IFMA präsentiert. In der Optik eine Rennmaschine in "italienischem Design", d.h. schmalem Lenker, Büffeltank, Sitzbank, Telegabel und Hinterradschwinge. In schwarz-rot gehalten, insgesamt ein Bild von einem Sportmoped, das nur unter der Tatsache des Zweigangmotors leidet (Modell 50 SS /2). Ab 1957 wird es auch mit Dreigang-Motor ausgeliefert. 1957 stellt "Motorrad" in Heft 12 zum Stand des HMW-Werks auf der Wiener Frühjahrsmesse lapidar fest: "HMW hat seine munteren, farbenfrohen Mopeds mit hübschen, neuen Schwinghebelgabeln ausgerüstet." Die Konkurrenzprodukte von Delta Gnom, Glockner und Junior haben je ein Modell mit HMW-Motor im Angebot. Und erstmals treten zwei scharfe neue Konkurrenten auf: Lohner mit dem zweisitzigen "Sissy" mit Rotax-Motor und KTM mit dem zunächst einsitzigen "Mecky"-Moped mit eigenem, von Ing. Apfelbeck konstruierten Motor. Neu an diesen Mopeds ist die Optik des Motorrollers, der mit einem freien, in diesem Fall jedoch "halbfreien" Durchstieg auch weibliche Kundschaft anspricht. Beim Sissy kann man in den Durchstieg über dem Zentralrohrrahmen einen Gepäcktank montieren, beim Mecky hingegen muss man nur mehr über den Motor steigen ... Neu im Angebot ist ein dreirädriges Transportmoped. Dieses kann je nach Kundenwunsch als "Rolling Chassis" ausgeliefert werden und jeden beliebigen Aufbau bekommen, vom Gerüst für Leitern oder Glasplatten bis zum Eisverkaufswagen. Serienmäßig wird es mit einer Transportkiste mit einer Zulademöglichkeit bis 150 kg ausgeliefert. "Austro Motor" merkt dazu in Heft 5 an: "Es handelt sich dabei um ein Dreirad-Nutzfahrzeug mit 50 ccm Mopedmotor mit gebläsegekühltem Dreigangmotor, das 150 kg Nutzlast befördern kann ... Dieses Transportrad kann mit verschiedenen Aufbauten geliefert und führerscheinfrei gefahren werden. Die wichtigsten technischen Einzelheiten sind: Kräftiger Zentralrohrrahmen mit Chassis aus Pressstahlprofilen und Querträgern. Der Ladekasten hat eine Ladefläche von 710 x 1070 mm, die Vorderräder besitzen eine durch Schraubenfedern abgefederte Schwingachse, die Hinterradschwinge hat verstärkte Teleskopfederbeine. Die Bremssicherheit wird neben der Rücktrittbremse durch eine Zweiradausgleichsbremse für die Vorderräder unterstützt. Die Bremstrommeln der Vorderräder haben 150 mm, die Hinterrad-Bremstrommel hat 105 mm Durchmesser. Es ist auch eine Hand- Feststellbremse vorgesehen. Das HMW-Transport-Dreirad Typ 50 T ist ab August 1957 lieferbar. Der Richtpreis beträgt öS 7.000,-." Im Frühjahr 1957 testet das "Motorrad" in Heft 8 das neue HMW 50 LP Modell "Luxus". Als Zweigangmodell kostet das mit Leichtmetall-Vollnabenbremsen ausgestattete Modell öS 3.450,-, mit Tacho kostete es öS 3.580,- und ist damit das billigste Mopedmodell seiner Klasse am österreichischen Markt. Auch der 75 RG Roller wird im "Motorrad" in Nummer 20/1957 rezensiert: "Rendezvous mit dem HMW-Roller - HMW 75 RG mit "Federbett"-Fahrgestell. Früher, als der 75er HMW-Roller noch Bambi hieß, hatte er einen reizvolleren Namen." (Angeblich durfte diese Bezeichnung wegen eines Einspruchs der MGM Film-Werke wegen des Disney-Films "Bambi" nicht mehr verwendet werden.) "HMW 75 RG ist also ein Roller. Er ist sogar ein Roller mit Tradition ... Aber zu einer richtigen Serienfertigung ist es wegen der Auslastung des Werkes durch die Mopederzeugung bis in den Spätherbst des letzten Jahres nicht gekommen. Dann war es allerdings so weit, dass die Serienerzeugung nach etlichen wesentlichen konstruktiven Änderungen am Fahrwerk nun doch aufgenommen werden konnte. Beim Fahrwerk handelt es sich um einen kräftigen Mittelrohrrahmen aus Stahlrohren, dessen Vorderrad- Langarmschwinge hier unser besonderes Interesse fand." Weiters findet der Test noch die "Riesenbremsen" und die Ausstattung mit einer Doppelsitzbank bemerkenswert. "Austro Motor" widmet in Heft 6/1957 dem HMW-Leichtmotorrad einen Artikel: "Der dem Mopedalter entwachsene junge Mann möchte allzu gern eine Maschine, mit der er sich schneller als 40 km/h bewegen kann ... Genau das ist das neue Leichtmotorrad von HMW. Bei einem 75 ccm-Motor mit 3,8 PS, bei dem man das kleine Motorrad bis 60 km/h aufheizen kann, beträgt der Kaufpreis nur öS 5.000,-. Damit ist die HMW 75 LM (steht für Leichtmotorrad, Anm.) das derzeit billigste Motorrad auf dem österreichischen Markt." Der Makel der zwei Gänge bleibt dem Wiesel jedoch erhalten. Die Firmenhallen in Hallein stehen auf dem Gelände der ehem. Grill Werke (samt den dazugehörigen unterirdischen Stollen, in denen im WKII Flugzeug- und Raketenteile gefertigt wurden) und dieses Areal gilt als deutsches Eigentum. Mit der Restitution nach 1955 sind die Halleiner gezwungen, sich um eine neue Fertigungsstätte umzusehen. Und hier beginnt ein typisches Wirtschaftskapitel der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Der Landeshauptmann von Niederösterreich, Johann Steinböck bietet HMW eine neue Heimstätte in Kottingbrunn bei Wr. Neustadt an. Hier auf diesem Industriegelände, auf dem sich auch die Semperit-Reifenwerke ansiedeln, gibt es nicht nur billigen Industriebaugrund, sondern auch Landessubventionen. Die HMWWerke können diesem Angebot nicht widerstehen und beginnen 1957 mit der Umsiedlung. Dazu schreibt das "Motorrad" 1957 in Heft 31: "HMW übersiedeln noch heuer. Die "Halleiner Motorenwerke" werden noch bis Ende dieses Jahres mit einem Teil ihres Betriebes nach Kottingbrunn NÖ übersiedeln. Bis Ende 1959 soll die Verlegung des Unternehmens endgültig abgeschlossen sein. Die Übersiedlung erfolgt in zwei Abschnitten. Zuerst verlegt man die Fahrzeugfertigung nach Kottingbrunn, dann erfolgt die Abwanderung der Motorenfertigung. HMW hat in Kottingbrunn einen Teil der Anlagen des ehem. Stahl- und Tempergusswerkes Traisen (300.000 m²) aufgekauft. Den in Hallein beschäftigten Arbeitern und Angestellten wird es freigestellt, die Übersiedlung nach Kottingbrunn mitzumachen." Wie wir heute wissen, haben die Facharbeiter aus Hallein diese nicht nach Kottingbrunn mitgemacht und das war mit ein wesentlicher Grund für das Ende des Werkes. Weiters merkte das "Motorrad" an: "Übrigens will HMW auch die Wiener "Klöckner Humboldt-Deutz Werke" übernehmen, in denen zur Zeit leichte Traktoren hergestellt werden." HMW als Traktorproduzent. Als kurioses Nebenprodukt der Umsiedlungsphase, die nahezu zwei Jahre dauert, bezieht HMW in Wien im 10. Bezirk die Werkshallen eines ehem. USI A Betriebs (d.h. einer Firma, die im Zuge der Reparationszahlungen nach dem verlorenen WK II für die UdSSR produzierte). Dieses Werk ist ursprünglich ein Zweig der deutschen Klöckner Humboldt-Deutz-Werke, die von der russischen Besatzungsmacht als "deutsches Eigentum in der sowjetischen Besatzungszone" beschlagnahmt wurde. Diese Firma trägt die Bezeichnung "Deutz Wien" zum Unterschied vom deutschen Stammwerk. Unter Ing. Franz Jandik, einem Wiener Techniker, werden ab 1947 leichte Traktoren des Typs J 120 mit Eigenbaumotor Typ J 120 (Einzylinder-Zweitaktdiesel) hergestellt. Rund 8.000 Stück dieses Traktors gehen an die UdSSR , aber auch mittelschwere 50 PS-Traktoren mit einem Zweizylinder-Viertaktdieselmotor, ebenfalls einer eigenen Entwicklung von Jandik mit der Modellbezeichnung J 170 werden für die Besatzer hergestellt. Rund 200 Stück gehen davon nach Bulgarien. Ab 1954 fertigen die Deutz-Werke Wien 25 Stück des von Jandik neu entwickelten Kleintraktors "Farmer", von dem nur mehr ca. 25 Stück gebaut werden. 1958 kaufen die HMW-Werke den Betrieb. "Nachdem Deutz-Wien an HMW verkauft worden war, wurden die restlichen noch vorhandenen Teile der Traktorenfertigung ins HMW-Werk in Kottingbrunn geliefert und dort von einem geschickten Schlosser zusammengebaut." Diese Traktoren - es waren weniger als 10 Stück - verkaufte man unter dem Namen "HMW Farmer". Die technischen Eckdaten des HMWTraktors lauteten: "Aufbau: Moderne, rahmenlose Blockkonstruktion, formschöner und zweckmäßiger Aufbau, Schlepperrumpf ist zugleich Träger für Anbaugeräte." Motor: robuster 10 PS Einzylinder-Sachs-Motor, wahlweise luft- oder wassergekühlt, Zweitaktdiesel, Pleuel- und Kurbelwellenlagerung auf Rollen, automatischer Drehzahlregler, 10 PS bei 2.000 U/min, Verbrauch 0,7 bis 2 l Dieselöl pro Stunde, Frischölschmierung, F&S Trockenkupplung, im Schwungrad eingebaut. Technik: vier Vorwärts-, ein Retourgang, Höchstgeschwindigkeit 15,5 km/h, zuschaltbare Zapfwelle, zwei Fußbremshebel für Lenkbremse." Das merkt Willi Plöchl in seinem Buch "Österreichische Traktoren bis 1975 - Band 1" an. Neuer Firmenstandort Kottingbrunn. 1958, nach Abschluss des Firmenumzugs nach Kottingbrunn, wo nicht nur modernste Werkhallen entstanden waren, sondern auch lichtdurchflutete Arbeiterwohnheime, sah HMW einer strahlenden Zukunft entgegen. Aber leider, wie bereits angemerkt, es fehlt an qualifiziertem Personal und auch die aufgenommenen Firmenkredite müssen bedient werden. Am 7. März 1958 merkt der HMW Pressedienst u.a. an: "’HMW Moped im Baukastensystem‘: Dieses HMW Baukastensystem ermöglicht es, jede HMW-Mopedtype der Modelle 1958 je nach Geschmack des Käufers durch Zubau von Bauteilen aus dem HMW - Baukastensystem auf eine andere Type der Modelle 1958 abzuwandeln." Und die Auswahl an Modellen des Jahrgangs 1958 war durchaus beachtlich: Sie reichte vom Standard Type 50/2-SA über die Modelle Luxus Type 50/2 L (Preis öS 3.000,-), Superluxus Type 50/3-SL (Preis öS 4.590,-), Superluxus-Mopedroller Type 50/3 G-SLR , Superluxus - Tandem Type 50/3 G-SLT (Preis öS 5.290,-), Superluxus Mopedroller Type 50/3GK-SLR , Sport Type 50/2S, Supersport Type 50/3-SS , Supersport Mopedroller Type 50/3 G-SSR bis zum Supersport - Mopedroller Type 50/3 GK-SSR . Das Einheitsfahrgestell konnte alle Motortypen der Baureihe N vom luftgekühlten Eingang- bis zum gebläsegekühlten Dreigangmotor aufnehmen. "Austro Motor" stellt dazu in Heft 5/1958 fest: "Selbstverständlich ist das Baukastensystem nicht so zu verstehen, dass die HMW-Mopeds sozusagen stückweise bestellt werden können oder müssen. Alle Modelle 1958 - es sind ihrer elf - werden in Serie hergestellt. Der Käufer hat also die Möglichkeit, von vornherein eine bestimmte Type zu bestellen. Andererseits ist er aber in der Lage, sein Moped durch Zubau von Teilen des Baukastensystems in eine andere Type der HMWModelle zu verändern. Er kann zum Beispiel eine billigere Type kaufen und sie nach und nach in einen einspurigen Chromkreuzer verwandeln." Verfehlte Modellpolitik. Allen 1958er und den Nachfolgemodellen bis zum Produktionsende 1960 war gemeinsam, dass sie völlig an Zeitgeschmack vorbei konstruiert waren. Bei den Tandemmodellen können die vom Gesetz her vorgesehenen zwei Pedalpaare mit Trittbrettern miteinander verbunden werden - nicht nur seltsam und verkehrsgefährdend, sondern auch eine Fehlkonstruktion, die bei der Gesetzesänderung für die Saison 1960, als das Pedalgebot fällt, obsolet wird. Alle HMW-Mopeds schwelgen in Straßenkreuzer-Blechfantasien mit geschobener Schwinggabel vorn bis zu den tief in Blechtaschen eingebetteten Federbeinen hinten. Montage- und wartungsunfreundlich ohne Ende und - grottenhässlich. Kein Wunder, dass sich die Konkurrenz bei Lohner mit dem Sissy I (ebenfalls Baukastensystem, aber wesentlich sachlichere Formensprache) krumm und blöd verdient. Ebenso natürlich Puch mit dem Einsitzermodell MS 50 und ab 1959 mit dem Zweisitzermodell DS 50. Das neue Moped- und Motorenwerk in Kottingbrunn wurde in einem überlebensgroßen Modell auch auf der Wiener Frühjahrsmesse 1958 präsentiert. Es war dies zu dieser Zeit modernste Werk dieser Art in Europa. Und in diesem Jahr wird auch das letzte von 107.053 Hallein gefertigte Moped ausgeliefert. Mopedroller Conny. 1959 wurde erstmals das neue Mopedrollermodell "Conny" vorgestellt, so genannt nach einem Werbevertrag mit der damals sehr populären Schlagersängerin Conny Froboess. Ein durchaus ansprechendes Fahrzeug mit freiem Durchstieg und bequemer gefederter Doppelsitzbank. Und auch das HMW-Leichtmotorrad (führerscheinpflichtig) wird mit dem neuen Motor der Type HMW 60K und fahrtwindgekühlter Ausführung mit 60 ccm, und 3,5 PS bei 5.500 U/min angeboten. Austro Motor berichtet über das neue "Conny"-Moped in Heft 9/1959 u.a. wie folgt: "Conny - ein Rollermoped für zwei. Die Halleiner Motorenwerke in Kottingbrunn überraschen mit einem zweisitzigen Rollermoped, mit dem sie offensichtlich die Teenager beiderlei Geschlechts ansprechen wollen. Während sich der weibliche Teil noch nicht so recht für die Motorisierung ab 16 erwärmen konnte, scheint sich nun eine Möglichkeit hierzu anzubahnen. Das Rollermoped "Conny" unterscheidet sich durch fast nichts mehr von einem richtigen Roller und gewährt durch den völlig freien Durchstieg auch Damen mit Röcken seine Benützung. Nachdem auch dieses Rollermoped mit dem deutlichen Roller-Charakter den Moped-Vorschriften als "Motorfahrrad" gilt und aus diesem Grund steuer- und führerscheinfrei ist, besitzt es neben der vorgeschriebenen Hubraumklasse als letztes Merkmal seiner Abstammung Pedale: ein Paar für Einpersonenbetrieb und Doppelpedale für zweisitzige Verwendung. Der vordere Tretantrieb kann - höchst verlockend - mit wenigen Handgriffen gelöst und entfernt werden. Angetrieben wird das Conny-Moped mit dem gebläsegekühlten HMW Typ 50/3G Motor, das Fahrwerk besteht aus einem Zentral-Stahlrohrrahmen, vorne ist eine geschobene Kurzarmschwinge mit Gummi-Stoßdämpferringen, hinten eine Schwinge mit Federbeinen im Einsatz. Der Preis beträgt öS 5.200,-. Das Ende. Die Preisliste 1960 im "Motorrad" führt die HMW-Mopedpalette wie folgt auf: Standard öS 3.940,-, Supersport öS 4.140,-, Superluxus öS 4.850,- Superluxus Tandem öS 5.650,- und Conny öS 5.590,-. Und in der Fachpresse wird lapidar angemerkt, dass die verbliebenen vier heimischen Mopedproduzenten, nämlich Puch, Lohner, KTM und HMW ihre bekannte und unveränderte Mopedpalette auch bei der IFMA ausstellen werden. Tatsächlich sind dann im Herbst in Frankfurt nur mehr Puch und KTM dabei. Die Produktion war rapide zurückgefahren worden und die Österreichische Länderbank löste den bisherigen Direktor Hinterberger ab und übergab das Werk Ende 1960 an das Stahlbauunternehmen Waagner Biró. 1961 finden sich zum letzten Mal die Preise einer stark reduzierten Modellpalette in Heft 3 von "Motorrad": HMW Populär (ehem. Standard bzw. Volksmoped) öS 3.690,-, Luxus - Zweigang öS 4.420,-, Luxus - Dreigang öS 4.720,- Superluxus öS 5.050,- und Mopedroller Conny öS 5.590,-, die 60 ccm- und 75 ccm-Fahrzeuge sind nicht mehr im Programm. Generalvertreter ist die Firma Hinterberger in Wien 18, Schulgasse 2. Das heißt, zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Firma HMW offensichtlich bereits in Auflösung, trotz einer letzten verzweifelten Exportoffensive. 1962, bei der 75. Wiener Frühjahrsmesse, treten auf der Zweirad- und Zubehörschau nur mehr die heimischen Mopedhersteller Steyr-Daimler-Puch Werke, Lohner-Werke und KTM-Fahrzeugbau auf. Die Firma Hinterberger & Co. stellt nur mehr den italienischen Mopedroller Capri 50 und den Mopedroller Capri 100, beide Produkte von Garelli sowie ein- und zweimotorige Go-Karts aus. Die Ära der HMW-Mopeds ist am 16. Mai 1962, als das letzte von insgesamt 128.175 Mopeds das Werk verlässt, endgültig zu Ende gegangen. Die Halleiner Motorenwerke haben in ihrer bewegten Geschichte zwischen 1948 und 1960 insgesamt 345.0002 (s. Kasten Seite 46) Motoren aller Versionen hergestellt, davon waren nur 2.291 75 ccm-Motoren. Wenn man bedenkt, dass HMW im Zeitraum von 1951 bis 1960 "nur" rund 129.000 eigene Fahrgestelle erzeugt, so ist ersichtlich dass die Firma den Namen Halleiner Motoren Werke zu Recht trägt. |
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