Oldtimerautos in der Kunst |
Geschrieben von Roger Gloor | |
Heft bestellen - Oldtimerautos in der Kunst Alljährlich findet Anfang Februar im Ausstellungszentrum an der Porte de Versailles von Paris der «Salon Rétromobile» statt, eine Ausstellung, zu der aus aller Welt die Liebhaber alter Autos und der Automobilgeschichte hinreisen. Die in ihrem Rahmen stattfindenden Oldtimerversteigerungen haben diesmal für besonderes Aufsehen gesorgt: mit einem Rekordpreis von 28 Millionen Euro für einen Ferrari-Zweisitzer, einem 55-jährigen «Gebrauchtwagen», der nicht einmal ein Dach zu bieten hat! Für jene Autofans, die sich noch zur Mittelklasse zählen, bietet die Rétromobile aber stets auch exklusive Angebote, die ihre Herzfrequenz in die Höhe treiben, ohne unerschwinglich zu sein und die sogar mit dem Prädikat «umweltfreundlich» aufwarten können. Denn neben ausgewachsenen automobilen Sammelstücken bietet diese Schau eine sagenhaft grosse Auswahl an raren Modellautos und zudem Kunstobjekte, die sich auf vielfältige Weise im trauten Heim, in der Garage oder auch bloss im stillen Kämmerlein an die Wand heften lassen und so ein mehr oder weniger diskretes Frönen der Oldtimerpassion zulassen. Rennsportikonen aus deutscher Künstlerhand Persönlich war er nicht zugegen, aber die von Uli Ehret aus Weinheim gemalten Renn-Ein- und Zweisitzer fesseln durch ihre dynamische Darstellung mit oder ohne Rennszenerie. Das Spektrum reicht vom Kieft F550 über den Jaguar D-Type mit Le-Mans-Sieger Mike Hawthorn bis zum Porsche 919 Le Mans 2015. Auch Jo Siffert, neben dem Yardley BRM stehend, ist zu haben. Ehrets Aquarelle auf Leinwand kosten im Format 80 x 180 cm mit Versand EUR 469,- als Rendering mit mehreren Le-Mans-Einsatzwagen im Format von 120 x 180 cm EUR 579,-. Englische Autokunst im ganz grossen Format Er heisst Paul Smith, was gewiss kein Künstlername ist, und malte früher Landschaften seiner Heimat England. Dass es dort malerische Szenerien gibt, wird kein England-Kenner bestreiten. Aber als Oldtimerfan entschloss sich Smith eines Tages, sich auch diese Sparte künstlerisch aufzuschliessen. Er besuchte vor allem rennsportlich angehauchte Anlässe, zum Beispiel das berühmte jährliche Goodwood Revival. Nebst den betagten Rennboliden fing er in seinen Gemälden auch die diesem Anlass eigene Ambiance ein, samt den vom Enthusiasmus getragenen Teilnehmern und Besuchern. Oder eine Rohkarosserie im Massstab 1:10? «Pigno – Modelli d’Autore» so nennen sich im Massstab 1:10 gehaltene Aluminium-Rohkarosserien von exklusiven Sportwagen der Vergangenheit. Diese wunderbare Geschäftsidee hatte Daniele Pignochino, der in seiner Werkstatt in Pianazzo bei Turin Oldtimerwagen restaurieret. Warum nicht eine solche prachtvolle, nur ein Zehntel grosse Karosserie, die von Kennern sogleich identifiziert wird, zuhause auf das Beistelltischchen platzieren oder im Foyer, Korridor und vielleicht sogar im Schlafzimmer an die Wand nageln? Der künstlerische Input liegt bei den Pigno-Modelli gleich auf zwei Ebenen: Zum einen reflektieren sie die geschichtlichen Höhepunkte des Sportwagendesigns, zum andern die gekonnte Reduktion auf das Kleinformat. Jedes Modell kostet 2500 Euro; das ist ein winziger Bruchteil dessen, was beispielsweise ein ausgewachsener Ferrari GTO (leicht erkennbar an den drei «Nasenlöchern» zwischen den Scheinwerfern) heute wert ist. Nur beim Bugatti Type 57 SC Atlantic sind die Frontscheiben zu wenig ausgeschnitten. Aber dem könnte man abhelfen, und ebenso wäre es ja möglich, einer solchen Lieblingskarosse beim heimischen Automaler zur passenden Lackierung zu verhelfen. Ungewöhnliche Liebe zu mächtigen Motoren Es fasziniert, in welch meisterhafter Manier Sandrine Blondel, eine zierliche französische Malerin, sich seit drei Jahren des Themas Hochleistungsmotoren annimmt. Dies, nachdem sie sich bereits auf eindrückliche Gemälde von landschaftsbeherrschenden Industrieanlagen spezialisiert hatte. Die in ihrem Atelier in Saint-Denis bei Paris entstehenden Werke messen stets 1 m im Quadrat. Als Basis dienen Stahlflächen mit Kunstharzbelag oder gebürstetes Aluminium, und zuletzt wird eine transparente Schutzschicht appliziert. Entstanden sind bisher detailgenaue Wiedergaben sowohl moderner Antriebsaggregate von Ferrari und Maserati wie von mächtigen Oldtimermotoren, wie sie etwa unter der Haube eines Rolls-Royce Silver Ghost stecken.
Während die Originalbilder EUR 5.900,- kosten, gibt es auch je acht Reproduktionen im Format 90 x 90 und 40 x 40 cm, die zum Preis von EUR 2.500,- bzw. 1.100,- angeboten werden. Begeisterter Freund amerikanischer Autoformen Unter Psyko art mécanique firmiert gleich eine ganze Künstlergruppe aus St. Jean le Blanc in Frankreich. Zu ihr zählt M. Capton, der sich den Formen und Farben amerikanischer Oldtimer verschrieben hat. Wenn die zahllosen Liebhaber vergangener US-Autokultur seine Gemälde sehen, bekommen sie grosse Augen. Doch selbst der etwas nüchternere Betrachter schmunzelt anerkennend, wenn er sich in die multiformalen roten Gebilde vertieft, die sich aus den Heckleuchten nahe beieinander parkierter US-Oldies ergeben. Als wär’s ein Stück vom eigenen Auto Nicolas Dubost aus Authou in Frankreich hat vor drei Jahren eine glänzende Idee umgesetzt, und seither ist er auf dieser künstlerischen Schiene konsequent weitergefahren. An der Rétromobile hat er gleich 17 Beispiele seines Wirkens ausgestellt: nämlich die Nachbildung von Seitenteilen an Rennfahrzeugen, meist von der Stelle, wo jeweils die Startnummer aufgeklebt wird. Hierzu verwendet er etwa 90 x 60 cm große Aluminiumbleche, die dem Original entsprechend zugeschnitten und gewölbt werden. Dann bringt er mittels Airbrush die dem Vorbild entsprechende Farbe auf, und auch Nieten, Schrauben, Plaketten und mitunter sogar Plexiglas-Scheibenteile und Aussenspiegel fehlen nicht. Vor allem aber fällt der Blick stets zunächst auf die historisch korrekten Startnummern. Denn Nicolas Dubost widmet seine Wandschmuckstücke in erster Linie einstigen Le Mans-Einsatzwagen. Da gibt es zum Beispiel das Seitenteil des Porsche 911 RSR Turbo, der 1974 unter der Startnummer 22 vom Holländer Gijs van Lennep und dem Schweizer Herbert Müller beim berühmten 24-Stunden-Rennen auf den Ehrenplatz pilotiert wurde. Dubost’s Paneele erreichen etwa 80 bis 90 % der Originalgrösse und kosten um die EUR 2.000,-, jenes, das an den legendären «Stumpen-Herbert» erinnert ist aber schon für 1.600,- zu haben. Bronzeskulpturen samt Patina aus Argentinien Nach der Ausstellung in Paris reiste Esteban Serassio nach London, um dort einen historischen Bugatti-Rennwagen aus allen Blickwinkeln und mit sämtlichen Details in die Digitalkamera zu bannen. Denn anhand dieser Aufnahmen wird er in seinem Atelier im argentinischen Rosario als Auftragsarbeit eine weitere Bronzeskulptur ins Leben rufen. Serassio kreiert seit 2004 Bronzegussskulpturen von Oldtimerautos nach dem Wachsausschmelzverfahren. Mit speziellen Farbmitteln verhilft er seinen Schöpfungen zu einer originalgemäss wirkenden Patina. Die Stückzahl ist jeweils auf acht bis höchstens zwanzig Einheiten limitiert. Den Massstab gibt er mit «ca. 1:10» an, und den Stückpreis hat er auf 3800 festgelegt. Zu den vielen exakt wiedergegebenen Details zählt auf Wunsch sogar die Frau am Lenkrad, im Falle des in Paris gezeigten Delahaye 135 von 1948 mit Saoutchik-Karossserie die Gattin des stolzen Besitzers. Abstrakte Malerei auf alten Motorhauben Ganz ungewöhnliche Kunstwerke, die gleichzeitig als Erinnerungsstücke dienen: Das ist die Spezialität der langhaarig blonden Pariserin Caroline Bocquet, die Innenarchitektur und Design studiert hat. Sie spezialisierte sich auf einen Malstil, der Energie und Bewegung zum Ausdruck brachte und beispielsweise Segelsport oder Golf gewidmet war. Ab dem Jahr 2000 wandte sie sich der abstrakten Malerei zu ... und entdeckte alsbald die Möglichkeit, anstatt der Leinwand grossflächige Karosserieteile zu bearbeiten. Dies hat ihr neue kommerzielle Möglichkeiten eröffnet. Jede dieser bunt und abstrakt bemalten Oldtimer-Motorhauben ist natürlich ein Einzelstück. Ihr Erstlingswerk in diesem Bereich, die Haube eines Citroën DS von 1968, gibt sie denn für stolze EUR 9.000,- her, während die Hauben eines Peugeot 203 von 1954 oder 1953 schon für 6.000,- zu haben sind. Besonders günstig, nämlich für 2.500,-, gibt es den kunstvoll dekorierten Kofferdeckel eines MG B. Gleich 10.000,- kostet hingegen die Fronthaube eines Porsche 911, auf der die Künstlerin das Porträt von Steve McQueen hinzugefügt hat; zudem blieben am rechten Rand als zusätzliches abstraktes Element alte Farbschichten erhalten. Bisher hat Caroline Bocquet 25 solcher Karosserieteile geschmückt. |
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