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Mittwoch, 24. April 2024
Grazie Tazio! Drucken E-Mail
Geschrieben von Rudolf Bromberger   

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Der Gran Premio Nuvolari ist viel mehr als eine Hommage an den großen Rennfahrer Nuvolari, er ist ein 3-Tage-Erlebnis, bei dem man in jeder einzelnen Etappe den Mythos legendärer Rennen spürt, wenngleich heute als sportlich anspruchsvolle Regularity gefahren.

Immer wieder wird der Gran Premio Nuvolari als „kleiner Bruder“ der Mille Miglia bezeichnet. Das wertet ab und ist so nicht richtig. Längst ist diese Veranstaltung etwas besonderes; eigenständig und – so hatten wir immer wieder den Eindruck – eine mit viel Enthusiasmus und Liebe organisierte Veranstaltung, die perfekt bis ins letzte Detail umgesetzt wird.

Die Verbindung zur Mille Miglia ergab sich in den 50er-Jahren, als man nach dem viel zu frühen Tod von Nuvolari, ihm zu ehren, Mantua in den berühmten Streckenverlauf integrierte.

Teilnehmen könnten Fahrzeuge bis 1972, das bringt ein sehr buntes Starterfeld, das mit knapp über 300 Fahrzeugen, schon ein beachtliches Spektakel hervorruft.  


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Start und – nach sehr erlebnisreichen Zeiten und Tagen – Ziel ist Mantua, die Stadt von Tazio Nuvolari.

Check In – Szenario, schon eine eigene, recht umfangreiche Etappe mit vielen Stationen, quer durch den Palazzo te; der hatte auch schon bessere Zeiten gesehen, aber die Deckenmalereien sind grandios.

Wenig Zeit zum Anschauen, Startnummern aufs Auto, Technik-Check und ab zum eigentlichen Startort, mitten in Mantua, am Piazza Erbe. Rasch wird aus dem Historischen Platz ein „bunter Blechhaufen“ voller Automobile. Die ältesten stammen aus 1919 und stellen sich samt Pilot und Co-Pilot der Herausforderung, von mehr als 90 Wertungsprüfungen und auch dem Wetter, das zeitweise so ganz und gar nicht „rallyefreundlich“ war.

Bevor es auf der Startrampe losgeht, im Takt von 20 Sekunden, heißt es Roadbook studieren und die Zeittabellen erarbeiten. Eigentlich steht da alles drinnen, man muss es nur rechtzeitig durchschauen. Kurz gesagt, nicht immer happy time für den Beifahrer.


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Da geht es doch immer wieder um Zeiten, von A nach B, von B nach C, usw. bis zu 6 mal hintereinander, immer in anderen Varianten, lange Abstände, ganz kurze, auf Rennstrecken in Misano und Modena, in Parkanlagen, durch Wälder, über Hügel und durch die Städte. Immer wieder diese Zeitprüfungen. Ehrlich, es macht Freude, noch dazu in der herrlichen Landschaft und den Gastfreundschaften, die in vielen Städten bei den Zwischenstopps zelebriert werden.


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Diese Prüfungen werden zum Spiel der Uhren, zwei Hände – zwei Uhren, zwei Hände und viele Uhren, egal, es geht darum, den Schlauch zum  passendsten „Hundertstelsekunderl“ auf die Sollzeit zu überfahren und gleichzeitig den Start für die nächste Zeit gut „erwischen“ und schon wieder zum Zählen anfangen und dann wieder den Schlauch zu überfahren und wieder die Startzeit richtig drücken.

Bei einem Käfer, ohne viel von den Rundungen zu sehen, gar nicht so einfach. Es macht auch keinen Sinn, den Beifahrer auf die schöne Landschaft aufmerksam zu machen, oder gar auf Gebäude, Bäume und Herbststimmung.


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Nuvolari ist ein Job für den Co, dafür werden auch auf der Seite des Beifahrers immer wieder Erfrischungen und Geschenke gereicht, das ist dann der Ausgleich.

Durch die Wertungsprüfungen gerät das Zeitfenster der Sollzeiten ziemlich in Verzögerung, ab der Mitte des Starterfeldes und bis zu den 300 Nummern sind die Etappenzeiten nicht zu realisieren. Das weiß auch der Veranstalter und toleriert 30 Minuten Verspätung, vielleicht sogar mehr. Weniger tolerant zeigen sich die Buffetts für die höheren Startnummern, aber wer ist schon wegen dem Essen hier, wenngleich Villa Verganti, Grand Hotel Cesenatico, Borgo Scorpetto auch hier für optimale Gastfreundschaft und stimmungsvoll kulinarische Pausen sorgen.


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Apropos Essen. Großartig von der Stimmung und dem Angebot her ist der traditionelle Galaabend in Rimini.

Erste Punkte zum Sammeln, schon kurz nach dem Start. Special Stage am Gelände des Palazzo te, immerhin gleich sieben Zeitprüfungen, ein Wechselspiel der Stoppuhren und ein richtiger Aufwärmer. Während man über den ersten Teil der Strecke nachdenkt, der ist halt nicht so schön zu fahren, kommt auch schon das Autodromo die Modena und das Rennfeeling erwacht.

Museo Panini – leider keine Zeit zum reinschauen – ist ein attraktiver Zwischenstopp, ebenso wie später – im strömenden Regen der Halt bei Toro Rosso.


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Auf den Zeittabellen fällt – früher oder später – ein grüner Balken auf, Prüfung PM, ja und? Neu, die Italiener haben auch Schnittprüfungen eingebaut, der Start ist die letzte Zeit einer Sprintetappe, kontrolliert wird dazwischen häufig. Wirklich neu, oder haben wir das in den letzten Jahren gar nicht bemerkt? Die Strecke wird von Kilometer zu Kilometer attraktiver, das ist Italien, das ist das, warum wir da sind. Überall Menschen, die freundlich winken, Alltagsfahrer, die die Rallye-Truppe freundlich vorbeilassen und Funktionäre, die ihren Job gut und – so der Eindruck – auch gerne machen.  Abendmahl – als „fast schon Tagesziel“ – in Cesenatico, ein schöner Ausklang, auch wenn es dann noch einen doch langen Weg ins Fahrerlager und Hotel nach Rimini gibt. Gute Nacht für ein paar Stunden, morgen heißt es früh raus.

Hier sind die hohen Startnummern wieder gut, Zeit zum Duschen und Frühstück, kurz zum Plaudern und zum Roadbook schauen.


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Ein langer Tag, aber bella italia mit Urbino, Arezzo, Siena zurück nach Rimini. Über – so scheint es – alle Berge und kleinen Straßen, die es in der Region gibt. Der Abend in Rimini ist die Belohnung.
Die Italiener lieben Automobile und erst wenn diese beim Grand Premio Nuvolari dabei sind. Wir haben es ganz nah erlebt und gespürt. Es ist passiert, wir haben mehr Benzin verbraucht, als wir im Tank haben sollten oder halt geglaubt haben. Der Benzinuhr war das aber egal. Da stehst Du nun, in einem kleinen verschlafenen Dorf und niemand hat Benzin zu Hause, aber alle viel Mitleid mit uns. Einer italienischen Mama, nicht mehr so ganz jung, gebührt hier Applaus. Dem Charme des Beifahrers Robert konnte sie nicht widerstehen. Tatsächlich kam „Mama“, der wir unser Schicksal klagten und wir wahrscheinlich auch recht seltsam traurig geguckt haben, mit ihrem betagten Fiat Panda aus der Garage, um einen von uns zur nächsten Tankstelle zu bringen, zum Benzin holen. Danke „Mama“! Zwischenzeitig hat uns die Polizei ausgeholfen; unwahrscheinlich, was so ein Polizei-Auto alles im Laderaum hat.

Auf der Strecke von Rimini zurück nach Mantua, natürlich wieder viele Wertungsprüfungen und liebevolle Zwischenstopps, da ein Fest und wir sind mittendrin, Fiat-500-Präsentation, Gastfreundschaft, Erfrischungen, Geschenke … wir werden geliebt und wir lieben diese Veranstaltung.


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Trubel im Ziel, Welcome auf der Rampe, Mittagsmahl, Medaille erhalten und Fotos kaufen. Ja klar, Siegerehrung!

Ehrlich, wir mussten nicht aufs Podium. Es lag aber nicht nur am Wertungsfaktor, der die Ergebnisse mit dem Baujahr multipliziert, es lag vielmehr daran, dass die echt guten Zeiten im Hundertstel-Bereich, dazwischen von ein paar „so ganz und gar nicht guten Zeiten“, die Wertung doch beeinflusst haben. Aber, wir wollten ja wirklich nur Spaß haben und wenn, dann hätten und wäre ... Toll war es und gerne wieder!

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