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Freitag, 29. März 2024
Der kleine Retter Drucken E-Mail
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta   

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Der BMW 700 war in der Geschichte für die Firma von vitaler Bedeutung, und zu seinem 60. Geburtstag haben sich Wolfgang M. Buchta (Fahren und Schreiben) und Ulli Buchta (Photographieren) mit dem „Facharbeiter-Porsche“ näher beschäftigt und diesen schätzen gelernt. Die Historie auf den Seiten 42 bis 57 stammt von Alexander Trimmel.

Ein schwerer Start


Die ersten Nachkriegsjahre waren für BMW, den einst stolzen Hersteller von Juwelen wie dem BMW 328, keine leichte Zeit.

BMW war im Zweiten Weltkrieg ein bedeutender Rüstungsbetrieb – Flugmotoren, Düsentriebwerke, schwere Motorräder, … – und so waren die Werksanlagen „beliebte“ Ziele für alliierte Bomberverbände gewesen, und – vielleicht noch schlimmer – das Hauptwerk für Automobile in Eisenach lag jetzt in der SBZ, der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR.

Mit Reparaturaufträgen und der Fertigung von „artfremden“ Produkten wie Kochtöpfen oder Kartoffelpressen konnte sich BMW mehr schlecht als recht über Wasser halten. 1948 kam mit dem Motorrad R24 das erste Nachkriegsmodell heraus, und 1952 folgte mit dem BMW 501, dem legendären „Barockengel“ das erste Nachkriegsautomobil und das erste in München gebaute BMW-Automobil. Ob der Oberklassewagen mit Sechzylindermotor das richtige Produkt für die Nachkriegszeit war, sei einmal dahingestellt, aber auf jeden Fall erklärte Hanns Grewenig, der kaufmännische Direktor von BMW in einem Spiegel-Interview selbstbewusst: „BMW-Wagen sollen die Visitenkarte der deutschen Gesellschaft sein.“

Der BMW 501 wurde zum stolzen Preis von DM 11.500 angeboten, der sich bis Anfang der 60er-Jahre für den praktisch baugleichen BMW 502 mit V-8-Motor auf DM 22.000 erhöhen sollte. Trotz des „Schutzpreises“, der die Gesamtproduktion auf knapp über 23.000 Exemplare in mehr als zehn Jahren beschränkte, soll BMW an jedem verkauften Exemplar DM 4.000 verloren haben.

BMW Isetta – Der erste Schritt zur Rettung


Da kam es höchst gelegen, dass die Iso Isetta in Italien nach Anfangserfolgen doch nicht so ein Verkaufserfolg werden sollte und Renzo Rivolta also auf der Suche nach Lizenznehmern im Ausland war und „in aller Welt“ – Spanien, Brasilien, Frankreich, … – und eben auch in München fündig wurde.

Für BMW sollte sich die Isetta zu einem echten Glücksfall entwickeln, denn die 50er-Jahre waren – nicht nur, aber vor allem – in Deutschland die Blütezeit der sogenannten Rollermobile, und die Isetta sollte mit 161.728 nach dem Goggomobil mit 284.491 Stück das erfolgreichste Rollermobil der Zeit werden.

Ein großartiger Erfolg, aber kaufmännisch gesund war die Modellpalette ganz und gar nicht; ein schwer verkäuflicher Luxuswagen und ein erfolgreiches Rollermobil, das aber Ende der 50er-Jahre auch allmählich zum Auslaufmodell wurde.

Die Krise kam prompt und nicht unerwartet: 1958 und 1959 schrieb BMW hohe Verluste und bei der Hauptversammlung am 9. Dezember 1959 schien das Ende besiegelt: Vorstand und Aufsichtsrat, alle vom Hauptaktionär Deutsche Bank eingesetzt, legten einen fix und fertigen Plan zum Verkauf an die Daimler-Benz AG (Hauptaktionär: Deutsche Bank) vor. Eine Allianz aus Belegschaft und Betriebsräten, BMW-Händlern und Kleinaktionären konnte mit Hilfe des Kohlenhändlers (und Aktionärs) Erich Nold und des Rechtsanwalts Friedrich Mathern die Bilanz anfechten und die Übernahme in letzter Minute verhindern.

Für den Augenblick war die Gefahr gebannt, aber grundlegend sollte sich die (finanzielle) Situation erst im nächsten Jahr ändern, als sich der Industrielle Herbert Quandt bereit erklärte, in einer großen Kapitalerhöhung alle nicht verkauften Aktien zu übernehmen und so seinen Anteil an BMW auf rund 60% erhöhte und damit die Deutsche Bank endgültig aus Milbertshofen verdrängte.

Aber was hatte Herbert Quandt zu dieser riskanten Investition bewogen?

BMW 600 – Der zweite Schritt zur Rettung


An eine komplette Neuentwicklung eines Mittelklassewagens war weder finanziell noch zeitlich zu denken, so musste die Entwicklung von der Isetta ausgehen.

Das Entwicklerteam nahm das „Vorderende“ der Isetta mit der charakteristischen Fronttür – der erste Prototyp war tatsächlich eine umgebaute Isetta – und verlängerte es mit einem neuen Rahmen mit 170 cm Radstand und einer „richtigen“ Hinterachse. Zusätzlich zur Fronttür hatte der BMW 600 rechts eine konventionelle Seitentür, die den Zugang zur zweiten Sitzreihe ermöglichte und im Falle des Falles auch als Notausstieg dienen sollte, weshalb das bei der Isetta serienmäßige Stoffschiebedach beim 600er ein rares – DM 250 teures – Extra war. Serienmäßig hingegen war eine Heizung.

Statt des Einzylinders bekam der Kleinwagen einen Zweizylinder-Boxer von 582 ccm und 19,5 PS, den das R67-Motorrad „gespendet“ hatte.

Ein Vierganggetriebe mit Rückwärtsgang war serienmäßig, optional konnten die Kunden eine Saxomat-Halbautomatik – eine automatische Kupplung ersparte dem Fahrer das Kupplungspedal – bestellen.

Trotz eines Spitze von 100 km/h und vier vollwertigen Sitzplätzen konnte der BMW 600 nicht an den Erfolg der Isetta anknüpfen. Zwischen 1957 und 1959 – der „Nachfolger“ der Isetta wurde also drei Jahre früher eingestellt als die Isetta selbst – wurden nur knapp 35.000 Stück gebaut.

Zeitlebens wurde der BMW 600 von den Kunden nicht als würdiger Konkurrent für Käfer & Co gesehen – obwohl der Viersitzer mit 290 cm Länge um rund 15 cm kürzer als der legendäre Mini war –, sondern als „große Isetta“, aber auch der BMW 600 trug seinen Teil zur Rettung von BMW bei.

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BMW 700 – Der dritte Schritt zur Rettung

 

 Ein Exemplar des BMW 600 fand seinen Weg in die Gumpendorfer Straße nach Wien zu Wolfgang Denzel; ja, dem Rennfahrer und Begründer des gleichnamigen Autohauses, der Giovanni Michelotti damit beauftragte, … aber das findet Ihr auf den Seiten 42 bis 57 im Beitrag von Alexander Trimmel.

Am 9. Juni 1959 durfte Denzel den „Wolfgang Denzel WD 600“, pardon den BMW 700 am Starnberger See den „Hohen Herren“ des Vorstandes präsentieren, und diese waren vom schicken, kleinen Coupé angetan. Angetrieben wurde der Wagen von einem luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor aus dem BMW 600, war aber optisch ein „richtiges Auto“. Luftgekühlt? Boxer? Heckmotor? Sportlich? Kein Wunder, dass der Wagen bald den Spitznamen „Facharbeiter-Porsche“ bekommen sollte ...

Die österreichische Privatinitiative fand also in München begeisterte Aufnahme. Generaldirektor Heinrich Richter-Brohm verglich den Wagen gar mit dem legendären BMW 327 aus der Vorkriegszeit – „Das BMW 700 Coupé erreicht bei gleichem Innenraum und sicher überlegener Straßenlage die gleiche Höchstgeschwindigkeit, die gleiche Beschleunigung und sicher höhere Straßendurchschnitte, als der legendäre Vorgänger mit seinem Zweiliter-Sechszylinder-Zweivergaser-Motor!“ – in wahrhaft schmeichelhafter Weise.

Bereits im Oktober des Jahres fiel in München die Entscheidung zur Serienproduktion des Wagens. Die Karosserie wurde – als Coupé und als zweitürige Limousine zur Serienreife weiter entwickelt, und der Zweizylinder im Heck auf 697 ccm und 30 PS Leistung vergößert – aus dem WD 600 wurde der BMW 700, dessen Serienfertigung bereits im August 1959, etwas mehr als ein Jahr nach der Präsentation des Prototypen, in München aufgenommen wurde.

Im September 1959 hatte der BMW 700 – der schon seit Monaten durch gezielte(?) Indiskretionen durch die Presse geisterte – auf der IAA in Frankfurt seine Präsentation. Mit gleich mehreren Coupés und Limousinen – ein rotes Coupé stand am Vorplatz für Taxifahrten bereit – war der BMW 700 die Sensation der Messe und Publikum wie Presse überschlugen sich mit ihrem Lob.

Mit DM 5.200,- für das Coupé resp. DM 4.900,- für die Limousine, war der neue BMW zwar kein Geschenk, aber lag durchaus im Rahmen der Mitbewerber: Der NSU Sportprinz kam auf DM 6.500,- und VW Käfer oder Glas Isar jeweils auf DM 4.500,-. Und die Kunden griffen auch zu: Laut Werksangaben konnte BMW in Frankfurt 15.000 Bestellungen einsammeln (und weitere 10.000 aus den USA, wo der 700er im Dezember im Park Lane Hotel in New York präsentiert wurde). Bis zum Jahresende 1959 sollten es 30.000 Aufträge werden, ein Wert, der auch in den Folgejahren in etwa erreicht werden konnte.

Ein großartiger Erfolg, aber wer bis hierher gelesen hat, erinnert sich vielleicht, dass keine drei Monate nach der IAA die schicksalhafte Hauptversammlung stattfand. Es ist wohl nicht nur Spekulation zu vermuten, dass Quandt (auch) durch den Erfolg des BMW 700 zum Einstieg bei BMW veranlasst wurde.

Der Vorstand trat zurück und Quandt brachte sich bei der Neubesetzung des Vorstandes ein, womit jetzt etwas ruhigere Verhältnisse einkehrten. Seit 1945, also in knapp 15 Jahren, hatte BMW zehn Vorstände und 27 Aufsichtsräte „verbraucht“, was den Spiegel zur Formuliereung „In München-Milbertshofen gelten Direktoren als kurzlebige Wirtschaftsgüter“ veranlasste.

Inzwischen konnte die Fertigung des Coupé beginnen, und bereits im September waren 3.100 Stück verkauft. Im Jänner 1960 setzte auch die Serienproduktion der Limousine so richtig ein. Bis Juni 1960 – also in rund neun Monaten – entstanden 8.000 Coupés und 10.500 Limousinen, ein Verhältnis, das sich bis Produktionsende auf 1:5 verschieben sollte.

Technisch hatte der BMW 700, wie bereits erwähnt, mehr von seinem „ungeliebten älteren Bruder“ dem BMW 600 geerbt, als man vielleicht vermuten würde: Achsen und Fahrwerk stammten ebenso vom 600er wie der – um 100 ccm vergrößerte – Zweizylinder-Boxer samt Dynastarter. Die Karosserie war mit der Bodengruppe – ebenfalls vom 600er abgeleitet – zu einer selbsttragenden Karosserie verschweißt.


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ImageDas Interieur war elegant, aber vor allem funktionell. Wie auch heute noch üblich, war die Liste der (aufpreispflichtigen) Extras lang und reichte vom Zigarettenanzünder (um DM 1,70) bis zum elektrischen Drehzahlmesser (um DM 290,-). Das Zündschloss war (außer bei den allerersten Exemplaren) vor dem Schaltheben „versteckt“, was wohl alle, außer die Saab-Fahrer, anfangs verwirrt hat.

Anfänglich lag die Leistung des Motors bei 30 PS und die Fahrleistungen wurden von der BMW-Werbung charakterisiert: „Profilierte Leistung! 120 km/h Spitze, von null auf 100 km/h in 30 Sekunden.“ Was 60 Jahre später eher Schmunzeln als Ehrfurcht erregt, aber a) 1959/60 durchaus gute Fahrwerte für einen Kleinwagen waren und b) sich der BMW 700 auch heute noch dank gut abgestuftem Viergang-Getriebe spritzig und lebendig fährt. Es muss ja nicht immer die dritte Spur auf der Autobahn sein …

Bereits 1960, also im ersten vollen Produktionsjahr, wurde das Coupé als „BMW 700 Sport“ mit auf 40 PS gesteigerter Leistung angeboten, und ein Jahr später sollte das ab 1961 angebotene Cabrio auch in den Genuss „Sport“ kommen. Mit dem Cabrio war die Modellpalette – Limousine, Coupé und Cabrio, letzteres um DM 6.950 – jetzt vollständig.

Die Spitzenleistung wurde bei 5.000 U/min erreicht (die Höchstdrehzahl lag bei 6.500 U/min; manche bösen Buben sollen den BMW 700 auch – ohne sofortigen Motorschaden – bis 7.500 U/min getrieben haben) und war mit einem entsprechenden Geräuschpegel verbunden, sprich leise war der BMW 700 nicht, und was manchen vom „sportlichen Klang“ schwärmen ließ, wurde von anderen respektlos mit einem alten Käfer verglichen …

Mit einem Gewicht von nur 640 kg war der BMW 700 mit 30 PS für eine Fahrleistung von 120 km/h (125 beim Coupé) resp. 135 mit 40 PS gut.

Um die Mittelklasse der Konkurrenz von Ford oder Opel zu „demütigen“, reichten die Fahrleistungen des BMW 700 Sport locker, und manche Motorjournalisten verglichen das Leistungsgewicht von 19,2 kg pro PS sogar mit dem Leistungsgewicht des 60 PS Porsche 356 von 18 kg pro PS, der mehr als das Doppelte kostete.

Kein Wunder, dass der kleine Sportwagen zunehmend seinen Weg in den Motorsport fand – mehr darüber auf den Seiten 45 bis 51 –, wo er zumindest(!) für Klassensiege gut war.


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Ab Anfang 1961 konnte man gegen einen Aufpreis von DM 235,- den 700 LL (Luxus-Limousine) mit hinteren Ausstellfenstern, vorderen Dreieck-Kurbelfenstern, einem größeren Lenkrad, einem gepolsterten Armaturenbrett, Getriebeschloss sowie verbesserte Heizung und Lüftung bestellen. Irgendwie erzeugt es ein wenig Demut, was vor knapp 60 Jahren als „Luxus“ galt. Heute wiegt (und kostet) vermutlich ein Paar Vordersitze fast soviel wie einst ein ganzer BMW 700 …

 1962 kam der BMW 700 LS heraus, der bei gleichem Innenraum einen um 16 cm längeren Radstand und eine um 32 cm größere Gesamtlänge hatte. Der Längenzuwachs kam ausschließlich dem Motor zu Gute, der jetzt dank verbesserter Luftführung eine deutlich abgesenkte Betriebstemperatur und dadurch wohl eine längere Lebensdauer aufweisen konnte. Das Gewicht wuchs dabei um rund 40 kg.

Der Hauptgrund für die Konstruktion des LS lag aber in der Vorbereitung für den geplanten Vierzylinder-Boxer-Motor von 1.100(?) ccm, der allerdings nie über ein paar Prototypen hinaus kommen sollte.

Als im September 1965 die Produktion des Coupés und im November die der Limousine auslief – von den Fließbändern rollte nun die „Neue Klasse“ –, waren nach den meisten Quellen 188.121 Einheiten entstanden. Zusätzlich wurden mehr als 40.000 CKD- („Completely Knocked Down“)* Bausätze nach Belgien, Italien, Argentinien, Griechenland und den USA geliefert. Der BMW 700 in seinen drei Karosserieformen – Limousine, Coupé und Cabrio – spülten dringend benötigtes Geld in die klammen Kassen von BMW. Aber allen war wohl von Anfang an klar gewesen, dass auch der BMW 700 – so wie schon Isetta und BMW 600 – nur eine Übergangslösung sein konnte.

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BMW Neue Klasse – Der vierte Schritt zur Rettung


Bereits 1960 war es zumindest konzeptuell so weit; der „Mittelwagen“ war fertig, zumindest als Modell. Vier Zylinder mit einem Hubraum von 1.300 ccm, selbsttragende Karosserie in modernem Design, vier Türen und klassische Auslegung des Antriebs, d.h. Motor vorne und Antrieb hinten. Für die Zukunft sollte der Motor als Sechszylinder auf zwei Liter Hubraum vergrößerbar sein.

Der „Mittelwagen“ bekam noch rasch einen neuen Motor verpasst und hatte als „Neue Klasse“ resp. BMW 1500 auf der IAA im September 1961 seinen großen Auftritt.

Im August 1962 lief der erste BMW 1500 vom Band und damit begann – Neue Klasse, BMW 02, BMW 3er Reihe, … eine Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält, aber das ist, um Michael Ende sehr frei zu zitieren, eine andere Geschichte und ist schon ein andermal (AC 2012/03) erzählt worden …

Wiener Rettung: Wolfgang Denzel BMW 700


1956 war bei BMW Feuer am Dach: Die Bilanz wies im Fahrzeugbau 60 Millionen DM Verlust aus. Dies bedeutete, dass BMW bei jedem ausgelieferten Wagen circa 5.000 Deutsche Mark drauflegen musste. Die Hälfte des schmalen Aktienkapitals in der Höhe von nur 30 Millionen Mark hielt die Deutsche Bank, bei welcher die Alarmglocken schrillten. Deren Vorstand, Doktor Robert Frowein, musste handeln, wollte er die Firma retten, wenn sie überhaupt noch zu retten war.

Doktor Heinrich Richter-Brohm

Er bestellte seinen Freund, Doktor Heinrich Richter-Brohm, zum neuen Generaldirektor von BMW. Einen bereits sehr erfahrenen und unbequemen Sanierer, der 1947 bei der VÖEST (Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke), vormals Teilbetrieb der Hermann-Göring-Werke, den Vorsitz übernahm. Diesen jedoch nach Vorwürfen wegen Verstöße gegen die Devisenwirtschaft 1952 an Walter Hitzinger abgeben musste.

Richter-Brohm, ein Hüne von über 1,90 m Körpergröße, Schmissen im Gesicht und, als Sohn eines preußischen Majors, streng und klar in der Sprache, besaß alle Eigenschaften, die den Münchner Intrigenstadel wieder auf die Erfolgsspur bringen konnte. Der in der NS-Zeit hochrangige Beamte des Geheimen Staatspolizeiamts (Gestapa) glänzte als Autorität mit Durchsetzungskraft und Entschlossenheit.

In der Autobranche galt er als Greenhorn. So machte er sich auf den Weg zu Fiat nach Italien, um sich selbst ein Bild über die damalige Struktur des Automarkts zeichnen zu können. Eine daraufhin von ihm verfasste Studie belegte, dass BMW zwischen den Modellen Isetta und dem Achtzylinder-502 dringend ein Mittelklassemodell mit einem leistungsfähigem 1600 Kubikzentimeter-Kurzhuber und 80 PS im Modellprogramm bräuchte. Bei 20.000 produzierten und verkauften Autos sollte dieses Modell 1959 14 Millionen DM Bilanzgewinn einfahren. Auf die Frage der Finanzierung verwies Richter-Brohm auf Frowein, der mündlich mit der Deutschen Bank, der Dresdner Bank und der Bayrischen Staatsbank 35 Millionen Mark für die Entwicklung des Wagens bereitstellen wollte. Froweins Wort galt in Bankenkreisen als Gesetz, die Finanzierung somit gesichert. Als Frowein 1958 in einem Blumengeschäft plötzlich an einem Herzinfarkt verstarb, wollten sich die beteiligten Banken an vorangegangene Verpflichtungen nicht mehr erinnern. Die Deutsche Bank wählte Doktor Hans Veith an die Stelle Froweins.

Doktor Hans Veith Für diesen stellte die Vision eines neuen Mittelklassewagens reine Fiktion dar. Er suchte nach einer kapitalkräftigen Gruppe, die bei BMW einsteigen sollte. Ford lehnte ab, ebenso wie General Electric. Mit Rootes wurde, obwohl interessiert, nicht verhandelt, so blieb nur Daimler Benz im Rennen, in dessen Aufsichtsrat Veith zufällig auch saß.

Richter-Brohm stand mit dem Rücken zur Wand. Veith wollte BMW an Daimler-Benz verscherbeln. Dort gierte man nach Produktionskapazitäten für ihren neuen Verkaufsschlager, der Ponton-Reihe. Das von ihm initiierte Mittelklasse-Projekt schien in weite Ferne gerückt, da sich die Großraum-Isetta, der BMW 600, der vor Richter-Brohms Management auf den Markt kam, ganz schlecht verkaufte. Ein „Rohrkrepierer“ mit gutem Ideenansatz, aber unbeliebt bei den Auto-Interessierten. Mit den geplanten Gewinnen aus seinem Verkauf sollte das Mittelklasseauto finanziert werden.

Wolfgang Denzel

Da trat mit Wolfgang Denzel ein Mann aus Österreich auf den Plan, mit dessen BMW-Engagement in München höchstwahrscheinlich niemand von den Verantwortlichen gerechnet hätte, außer Richter-Brohm. Die beiden kannten einander aus vergangenen VÖEST-Tagen, wo sie sich bereits über den Weg liefen. Ferner frönten sie einem gemeinsamen Hobby, dem Hochseesegeln, das sie zusätzlich aneinander schweißte. Richter-Brohm suchte oft Rat bei Denzel auf dessen Yacht in San Remo, oder nutzte dort bloß die Tage, um auszuspannen, sich abzulenken, von seiner fast aussichtslosen Situation.

 Wolfgang Denzel kam 1908 als Sohn des Ignatz Denzel, dem Spross einer Glockengießerfamilie aus Marburg, in Graz zur Welt. Der Vater war Postbeamter, ehe er sich in Graz 1918 mit einem etablierten Elektrounternehmen selbständig machte. Sohn Wolfgang brillierte mit außergewöhnlicher technischer Begabung. Schon als 21-jähriger Student baute er sein erstes Sport-Motorrad mit englischem Villiers-Motor. Kometenhaft etablierte er sich an der Spitze von Österreichs Motorradgeländefahrer, lernte 1934 Hubert Stroinigg kennen, der später sein engster Mitarbeiter werden sollte und ebenso Wertungsfahrten bestritt. Seiner Erfolge auf BMW-Motorrädern wegen, kam er in die Gunst eines Werksvertrags. 1938 folgte die alleinige BMW-Vertretung für die Steiermark, darauf für Kärnten, sowie eine Zweigniederlassung in Wien VI, Gumpendorfer Straße 19.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde Denzel 1940 mit der Leitung eines Wehrmachtsinstandsetzungsbetriebs für Renault-Fahrzeuge in Paris betraut. Dabei lernte er auch Ferdinand Porsche kennen. Hubert Stroinigg war im Molsheimer Bugatti-Werk beschäftigt.

Nach dem Krieg verschlug es ihn nach Wien. Er setzte die BMW-Vertretung und den Reparaturbetrieb in der Gumpendorfer Straße wieder in Betrieb und begann zeitgleich mit Ferdinand Porsche mit dem Bau von Sportwagen auf VW-Basis. 1952 basierten die Denzel Super Sport nicht mehr auf dem Kübelwagenchassis, Stroinigg konstruierte einen eigenen Kastenrahmen, Wolfgang Denzel zeigte sich für Organisation und Design verantwortlich. 65 Sportwagen wurden von 1948–1959 in Wien hergestellt, die Basis des Betriebs stellte jedoch Verkauf und Service von BMW-Fahrzeugen dar. Schwieriger waren Panhard und Nash an den Mann zu bringen, die ebenfalls zum Denzel-Repertoire gehörten. Wolfgang Denzels betriebliches Schicksal war also sehr eng an die Marke BMW gebunden. Der drastische Rückgang des Motorradabsatzes, der matte Verkauf von BMW 502 und 600 und die geringe Gewinnspanne des mittlerweile ebenfalls nur mehr schwächelnden Isetta-Verkaufs bereitete große Sorgen.

Schon 1957, als der 600er in Produktion ging, fertigte Hubert Stroinigg Fahrgestellzeichnungen eines WD (Wolfgang Denzel) 600 an. Genau dem Zeitgeschmack entsprechend. Ein Drei-Volumenmodell, mit ausgeprägtem Koffer- und Motorraumabteil und Fahrgastzelle dazwischen. Die Fahrwerksteile mit Vorder- und Hinterachse (Schräglenker!) wurden dem 600er entlehnt, wie auch Motor und Getriebe. Ohne Rahmen, selbsttragend konstruiert.

Richter-Brohm fand sich fast jeden Freitagabend oder Samstag früh bei Denzel in der Wattmanngasse ein, um sich neue, elegante und unkonventionelle Ideen zeigen zu lassen. Die Innovationen des Wiener Konstruktionsteams lenkten ihn wohlwollend vom zerstrittenen und nahezu planlos agierenden Münchener Intrigantenstadl ab. „Mensch Denzel, was soll ich tun?“, soll Richter-Brohm gesagt haben. Dieser entgegnete monatelang repetierend: „Zuerst einen sauberen Kleinwagen und dann mit dem erwirtschafteten Geld den Mittelwagen bauen.“

Als Richter-Brohm im März 1958 Richtung Korsika segelnd aufbrechen wollte, rief Wolfgang Denzel nach: „Sie können nicht segeln, Herr Doktor, wenn wir nicht arbeiten dürfen!“ Dieser rief zurück: „Machen Sie, was Sie wollen!“

Denzel empfand diese Antwort als Auftragserteilung zur Entwicklung des Kleinwagens und bat den 26-jährigen Giovanni Michelotti Karosserieentwürfe für den projektierten WD 600 anzufertigen. Inzwischen baute man in Wien auf BMW 600-Komponenten basierend die Fahrgestelle zusammen, um diese anschließend zu Vignale nach Turin zu bringen, wo man die Prototypen nach Michelotti-Entwürfen karossierte. Die Modellbezeichnung sollte auf den Namen „Sportsmann“ lauten. Nur drei Monate später konnte der komplett angetretene BMW-Vorstand das Denzel 600 Coupé am Ufer des Starnberger Sees bewundern. Nahe Possenhofen, dem Geburtsort der schönen Kaiserin Sissy. Weiß lackiert beeindruckte der sportliche Kleinwagen, dessen Technik fast komplett dem BMW 600 entsprach, sowohl die Techniker, als auch die Verkäufer von BMW. Der Vorstand gab grünes Licht zum Bau des Wagens, mit minimalen Änderungen – 700 Kubikzentimeter, 30 PS – und selbsttragender Karosserie. Der Weg zur Fertigentwicklung des BMW 700 war frei. Im Mai 1959 rollten die ersten BMW 700 Coupé-Erlkönige zu Testzwecken über die Straßen, im August war die Produktion voll angelaufen. Wolfgang Denzel ging volles Risiko ein. Und gewann. Er steckte jeden verfügbaren Schilling in dieses Projekt, ein Drahtseilakt ohne Netz. Man male sich nur aus, der Prototyp wäre vom BMW-Vorstand abgelehnt worden? Denzel hatte ja niemals einen schriftlichen Auftrag von Richter-Brohm für dieses Projekt …

Denzel-Folgeentwicklungen

Schon kurz nach Produktionsbeginn des BMW 700 dachte man sowohl im Werk, wie auch bei Denzel über eine hubraumstärkere, vergrößerte Zwischentype nach, die zwischen dem BMW 700 und der neu entwickelten „Neuen Klasse“ Platz finden sollte. Während das Werk in Hans Stucks BMW 700 mit einem wassergekühlten 1000 ccm-Reihenvierzylinder mit obenliegender Nockenwelle experimentierte, ging man bei Denzel eigene Wege.

Schon 1959 entstand ein weiterentwickeltes Coupé des WD 600 mit auffälligen Lufthutzen auf den hinteren Kotflügeln. Diese dienten der höheren Luftzufuhr eines neuen, stärkeren Triebwerks, das Hubert Stroinigg in Köflach konstruierte. Es handelte sich hierbei um einen luftgekühlten Vierzylinder-Boxer mit 1000 bis 1200 Kubikzentimeter Hubraum, abgeleitet vom BMW-Zweizylinder. Denzel bot diesen Motor dem Werk an. Aufgrund zu hoher Fertigungskosten schien man nicht weiter daran interessiert zu sein.

Als bei BMW 1963 die Beschlussfassung bezüglich des Baus einer Zwischentype vor der Türe stand, ging man bei Denzel wieder einmal einen Schritt voran, und stellte den Prototyp BMW 1200 LV vor. Ein konventionelles Fahrzeug, mit dem Stroinigg-Vierzylinder unter der vorderen Haube und Hinterradantrieb. Die viertürige Karosserie entsprach einer aufgeblasenen 700 LS Luxus-Limousine, jedoch mit einer BMW-Niere an der Front. 160 Stundenkilometer sollte der 392 Zentimeter lange 1200er schnell sein. Leider hat dieses Einzelstück nicht überlebt.

Aufgrund des anhaltenden Erfolgs des BMW 1500, dem man das Modell 1800 zur Seite stellte, fiel im Werk die Entscheidung, dass für eine Zwischentype unterhalb des 1500 kein Platz mehr sei. Vielmehr konzentrierte man sich auf die sportliche zweitürige Variante des Mittelwagens, den 1600-2 und 2002.

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Klassen-Primus - BMW 700 im Motorsport

BMW-Automobilsport in der Vorkriegszeit

 

 Die BMW-Modelle der Zwischenkriegszeit genossen in Sportfahrerkreisen höchste Reputation. Dank drehfreudiger Motoren in Verbindung mit einem Leichtbaukonzept auf modernen Fahrwerken haben die Weiß-Blauen schnell die Gunst der Profis und Semi-Profis erobert. Speziell der 328er, basierend auf dem Fahrgestell des 319, Zweiliter-Sechszylinder mit Leichtmetallkopf und V-förmig hängenden Ventilen, erwies sich als Erfolgsgarant, sowohl auf der Rennpiste, als auch im Rallyesport. Graf Heinrich von der Mühle gewann damit die „Französische Alpenfahrt“ 1938. Wohlgemerkt mit Deutschlands attraktivster Beifahrerin, Eugenie von Plessen, am Beifahrersitz. Prinz Max zu Schaumburg-Lippe und Fritz Hans Wenscher erzielten mit dem von Touring karossierten BMW 328 Stromlinien-Coupé den fünften Gesamtrang und den Klassensieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans 1939. Huschke von Hanstein und Walter Bäumer siegten mit demselben Wagen 1940 bei der Mille Miglia.

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BMW-Automobilsport in den mageren Nachkriegsjahren


 Auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren es die mehr oder minder gebrauchten 328er, welche eine neue deutsche Renntradition begründeten. Man versuchte, trotz aller Materialprobleme die man hatte, mit alten, ausgeschlachteten Teilen renntaugliche Fahrzeuge zu bauen. Allen voran, wäre hierbei Ernst Loof zu erwähnen. Ehemals in München für die Sportwagenerprobung tätig, baute er die Veritas-Aerosaurier, wie man die nahezu unschlagbaren, stromlinienförmigen 328-Ableger nannte. Alexander von Falkenhausen schuf 1949 einen AFM-Rennwagen mit 328er-Motor, den auch Hans Stuck bewegte. Ehe Falkenhausen wieder in BMW-Dienste trat und als Vater einer ganzen modernen Motorengeneration berühmt wurde. Und da war auch noch ein Österreicher, der 1903 in Knittelfeld geborene Ludwig Apfelbeck. Mit dem Patent des diametralen Vierventilers in der Tasche, kam er 1957 wieder zu BMW und ersetzte 1959 Versuchsleiter und Kompressorspezialist Hopf, der in Pension ging. Apfelbeck galt als Vater der hochdrehenden, schnellen Rennmotoren.
Den BMW-Serienwagen der Nachkriegszeit war somit die BMW-spezifische Eigenschaft der serienmäßigen Sportlichkeit in die Wiege gelegt. Der 502er V8 wurde sowohl bei Rennen, als auch für Rallye-Zwecke missbraucht. Man denke nur an die abenteuerlichen Schräglagen des „Kamikaze“ Loisl Müller, der aufgrund Kurzsichtigkeit jede Kurve später anbremste, als seine Konkurrenten. „Bergkönig“ Hans Stuck prügelte in BMW-Diensten den unerschwinglichen 507er zu prestigeträchtigen Klassensiegen den Berg hinauf. Selbst Alex von Falkenhausen versuchte den 600er-Omnibus bei Rallyes mit Sportlerehren zu zieren.

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Motorsportbasis BMW 700

Dieses Image konnte mehr schlecht als recht aufrechterhalten werden. Erst mit dem Erscheinen des neuen BMW 700 war BMW wieder beim sportlichen Privatier angekommen. Für 36.900,- österreichische Schilling bekam man 1964 einen Zweizylinder 30 PS-700 LS. Der erwachsene 1000er Vierzylinder-Ford Anglia war für öS 34.950,- wohlfeil, während NSUs Sportprinz mit zwei Häferln und 30 Pferdestärken mit öS 40.500,- gleich viel kostete, wie BMWs 700 Coupé.

Das BMW 700 Coupé war für den ambitionierten Sportfahrer die erste Wahl, mit 630 Kilogramm Leergewicht 10 Kilo leichter und dank 7,5 Zentimeter geringerer Gesamthöhe windschlüpfriger als die Limousine. Die Höchstgeschwindigkeit des kleinen Coupés lag bei 125 Stundenkilometer, ein Wert, den viele Vierzylinder nicht erreichten. Der aufgebohrte Boxermotor, mit dem BMW im Motorradsport bereits viel Rennerfahrung sammelte, erwies sich als sehr leistungsfähig und standfest. Bis 6500 Touren durfte man drehen, das waren auf Autobahnbergabpassagen satte 140 am Tacho. Fahrwerksmäßig war man nahe am glücklosen 600er: Die von der Isetta übernommene Längslenker-Vorderachse wurde nochmals verfeinert. Die Schräglenkerhinterachse, wohl das wichtigste Erbe des Vorgängers, ließ sich weder von Schlaglöchern noch bei forcierten Kurvenfahrten aus der Ruhe bringen.

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BMW 700 im Motorsport 1959–1961


Um den dringend nötigen Absatz anzukurbeln und das sportlich ein wenig angekratzte Image wieder auf Hochglanz zu bringen, brachte das Werk bereits im Premierenjahr leistungsgesteigerte Rennen mit hochklassigen Fahrern an den Start. „Bergkönig“ Hans Stuck Senior, Motorenpapst Alex von Falkenhausen, Seitenwagen-Champion Walter Schneider und Porsche-Ikone Sepp Greger schafften 1960 phänomenale 33 Klassensiege und 22 zweite Plätze. Stuck/Greger und Leto di Priolo/Ottavio Pradoni fuhren beim Zwölfstundenrennen „Coppa Alberto Ascari“, in der „Höhle des Löwen“ von Monza, einen Tourenwagen-Doppelsieg ein. Vor all den hochfavorisierten Fiat-Abarths auf 600er-Basis. Carlos Blutdruck möge die Skala des Prüfers mehr als ausgereizt haben. Obwohl der Gesamt- und GT-Sieg auf sein Konto gingen. Rigamonti/Sala (Fiat-Abarth-Zagato) sahen die Zielflagge mit 30 Runden Vorsprung vor den Tourenwagensiegern.

Im Sommer 1960 kam der BMW 700 Sport auf den Markt. Mit serienmäßigen 40 PS, auf 9:1 erhöhter Verdichtung, schärferer Nockenwelle und Solex-Zweivergaseranlage. Den Kurzhuber durfte man bis 7000 U/min drehen. Der Drehzahlmesser als Kontrollorgan musste im Zubehörhandel erworben werden. Der Sport stellte das ideale Gerät für den Einsteiger dar. Auch in Österreich erfreute sich der 700er großer Beliebtheit bei Renn- und Rallye-Veranstaltungen. Waren Hans Hartinger und Alfred Grögler 1959 noch mit ihren BMW 600 am Start, sattelten die beiden BMW-Treter 1960 auf einen 700 um. 1961 fanden sich neun BMW 700 in der Nennliste der Semperit-Rallye. Die RRC13-Urgesteine Grögler/Sassarak wurden Wertungsgruppensieger und Fünfter gesamt der Indexwertung. Dr. Arnulf Pilhatsch fuhr mit dem neuen Sport-Modell des Autohauses Denzel sensationelle Bergprüfungszeiten. Am Bödele gleich schnell, wie Porsche-Fahrer Albin Scheiber.

Mit einem neu verfügbaren Sportgetriebe, enggestuften drei unteren Gängen und direkter Vierter, setzte das Werk weitere Entwicklungsschritte. Die Motoren des äußerlich unveränderten, nun 700GT genannten Werksrenners besaßen Doppelzündung und wurden bis auf 850 Kubikzentimeter aufgebohrt, um den erstarkten 850er-Abarths auf der Rundstrecke Paroli bieten zu können. Mit 70 PS bei 7800 Touren war das Ende der Fahnenstange des Stoßstangenmotors mit Rollenstößeln erreicht. Alex von Falkenhausen experimentierte daraufhin mit dem 107-„Kettenhund“-Motor. Einem 700er-Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen, die über Ketten angetrieben wurden. 78 PS waren aus dem Triebwerk herauszukitzeln. Genau so viel, wie aus Apfelbecks technisch elegantem Königswellen-Motor , der im Juni 1961 auf der Wallbergstrecke im BMW 700 RS seine Feuertaufe erlebte.

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BMW 700 RS 1961

1960 holte sich Hans Stuck Senior, mit 60 Lenzen am Buckel, auf BMW 700GT den Deutschen Bergmeistertitel. Im Juni 1961 startete er im strömenden Regen zum Probegalopp des neuen BMW 700 RS (Rennsport) auf der Wallberg-Bergstrecke. Das Herzstück des leichten, flachen Alu-Renners mit Gitterrohrrahmen, den Heinrich Eppelein konstruierte, war Apfelbecks 697-ccm-Zweizylinder-Boxer mit besonderer Ventilsteuerung: Königswellen trieben die Einlassnockenwellen an, welche wiederum mittels Kette die Auslassnockenwellen steuerten. Schlepphebel betätigten die Ventile, Doppelzündung, Dell’Ortos und dicke Auspuffrohre sorgten für den guten Ton. Motorgehäuse, Ölpumpe und -kühler stammten aus der Serie. Entgegen der Serie befand sich der Motor nicht im Heck, sondern in der Mitte. Das Getriebe musste spiegelbildlich abgegossen werden, da die Motordrehrichtung beibehalten wurde. Das FIA-Reglement bestimmte die Höhe der Windschutzscheibe, auch ein Kofferraum (60 x 40 x 20 cm) musste im Heck Platz finden, ebenso wie ein gefordertes Reserverad unter der vorderen Haube. Für nur zwei Meter Radstand, wie bei den Abarths, entwarf „Blasi“ Huber das hübsche Aluminium-Kleid des 520 Kilo-Renners. Am Roßfeld debütierte der RS, von dem sich Falkenhausen eine 100-Stück-Serie erträumte, um den Wagen als Gran Turismo homologieren zu können. Das 1500er-Projekt band jedoch alle möglichen Finanzmittel, weswegen dieses engagierte Projekt nach zwei gebauten Fahrzeugen aufgegeben werden musste.

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 BMW 700 im Motorsport 1962–1963


Ab 1962 unterstützte das Werk die Privatfahrer durch den BMW-Sportpokal. Die eingeschriebenen Fahrer kamen in den Genuss von verbilligten Ersatzteilen, der Preistopf war prall gefüllt. Beste Voraussetzung, möge man meinen, wurde doch die Hubraumklasse der Tourenwagen bis 700 ccm vom „Facharbeiter-Carrera“ dominiert. Helmut Marko, noch ohne Doktortitel, driftete wild mit dem schnellen Ex-Franz-Maitz-BMW 700 Coupé 1962 über Österreichs Rennpisten, während ihm sein Jugendfreund Jochen Rindt im viel stärkeren 1300er-Alfa die lange Nase zeigte.

Der neu homologierte Steyr-Puch 650T/TR, wieder ein luftgekühlter Zweizylinder-Boxer, übernahm ab 1963 das Kommando in den 700er-Rennklassen. Die Produktion des agilen BMW 700 Sport endete im September 1964. Er wurde durch das längere 700LS Coupé ersetzt, das aufgrund des höheren Gewichts für den Renneinsatz nicht geeignet war. Der 700er war nicht nur Retter der Firma BMW, sondern schlug auch höchst erfolgreich das erste Kapitel der BMW-Nachkriegs-Motorsportgeschichte auf, dem die „Neue Klasse“ würdig folgte.

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Exotische 700er Renn-Semmeln

Martini-BMW

Er wurde 1925 in Adenau, unter der alten Nürburg, geboren. Baute bei Ernst Loof, am Nürburgring, an den Veritas-Sportwagen mit. Und legte bei BMW in München die Meisterprüfung ab: Willi Martini.

Zurück in den alten Veritas-Werkstätten, nahe des Rings, die BMW an den Bonner Händler Rische untervermietete, bastelte Martini in betriebsschwachen dunklen Wintermonaten 1961 an einem Rennwagenprojekt für seinen Chef. Als Basis diente ein ausgeschlachtetes BMW 700 Coupé. Martinis Tuning-Künste am 700er wurden bald weltbekannt. Ford-Designer Uwe Bahnsen, die „Badewanne“ entstammte seiner Feder, versuchte sich als passionierter Rennfahrer. In Ermangelung eines für die Rennerei geeigneten Fords, bestritt er seine Rennen auf einem Martini-getunten BMW 700. 1962 animierte er Willi Martini, den 700er mit einer leichten und windschlüpfrigen Kunststoffkarosserie zu versehen. Sein schnell skizzierter Entwurf wurde 1963 Realität: Drei Martini-BMW 700 standen beim 1000-Kilometer-Rennen am Nürburgring am Start und belegten die ersten beiden Plätze ihrer Klasse. Die Fachpresse feierte Martini als den deutschen Abarth. Eine Serienfertigung wurde angedacht, sogar ein Verkaufsprospekt entworfen. Die Front gekürzt, die Scheinwerfer des BMW 700 eingebaut, die Heckscheibe des 700 Coupés zur Frontscheibe umfunktioniert. Im Herbst 1963 war der straßentaugliche „Typ 4“ fertiggestellt. Zu spät! Der Erfolg der „Neuen Klasse“ ließ den so wichtigen 700er sanft sterben. Das Werk hatte kein Interesse mehr, Martini ausreichend mit BMW-700-Teilen zu versorgen.

BMW 700 RS Martini

Nach Auflösung des 700er-Werksteams verkaufte Alex von Falkenhausen beide Rennsportcoupés, sowie beide 700RS an Willi Martini. Der RS mit der Fahrgestellnummer 2 wurde ferrarirot lackiert und erhielt einen aerodynamischen Überrollbügel im Stile eines 330P. Ein einziger Renneinsatz sollte folgen; heute befindet sich das voll restaurierte Auto wieder im Besitz von BMW. Der RS 1 residiert in ebenfalls neuwertigem Zustand bei einem Sammler in den USA.

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Höhreich RS 700 1962

Dieser BMW 700-Prototyp des Motor-, Renn- und Rallye-Clubs Höhreich e.V. ging 1963 beim 500-km-Rennen am Nürburgring an den Start. Heinrich Östreich, der Erbauer des Wagens, teilte sich mit dem Finanzier Richard Höhfeld das Cockpit. Aus je einer Silbe der beiden Namen entstand die Typenbezeichnung des Wagens. Ein großartiger dritter Platz auf der Nordschleife belohnte die unzähligen Arbeitsstunden und 17.000 Mark, die allein an Materialkosten anfielen. Das 1000-Kilometer-Rennen desselben Jahres endete mit einem Ausfall aufgrund Motorschadens; bei Rekordfahrten in Belgien konnten aber vier Rekorde aufgestellt werden.

Das Unikat basiert auf dem Rahmen des BMW 600. Eine dünne Aluminiumhaut wird von einem Gitterrohrgestell unterstützt. Achsen, Bremsen, sowie Antriebseinheit stammen vom BMW 700, das Leergewicht liegt bei mageren 460 Kilogramm. Axel Spiller hat den Höhreich 1987 in erbärmlichstem Zustand entdeckt und nach sieben schweißtreibenden Restaurierungsjahren wieder auf die Straße gebracht.

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SWM BMW 700 1965


1965 bauten die beiden Münchener Brüder Stefan und Wenzel Mannl sechs zweisitzige Rennwagen, die allesamt auf der Technik des BMW 700 basierten. Anfangs verfügten die Renner über einen konservativ getunten 700er BMW Boxer-Motor, der später mit Doppelzündung hochgerüstet und dessen Hubraum bis auf 850 Kubikzentimeter erweitert wurde. Der gefällige Spider mit Kunststoffkarosserie musste sich übermächtiger Konkurrenz in der Prototypenklasse und bei den zweisitzigen Rennwagen bei Bergrennen auf der Rundstrecke stellen. Stefan Mannl selbst fuhr einen der flachen Flundern 1964 am Rossfeld bei Berchtesgaden. 1965 errang er beim Schauinsland-Bergrennen den 34. Gesamtrang und wurde Elfter seiner Klasse. Karl Hurler (D) fuhr einen SWM-BMW 850 beim Gaisbergrennen.

BMW PT2 1965

 Der Limburger BMW-Händler Hans Koster baute sich 1965 ein ganz besonderes 700er Coupé, um im Rennsport an der Spitze mitfahren zu können: Der Motor des BMW PT2, wie er seine Kreation nannte, saß nach wie vor im Heck, war aber ein Reihenvierzylinder aus dem BMW 1800 TISA, welchen er an ein VW-Getriebe koppelte. Frontkühler, Rechtslenkung, Rechtsschaltung und BMW 1800-Bremsen komplettierten den Prototypen. 1967 übernahm Jan Manders das ungewöhnliche „niederländische“ Unikat, ehe ihn Jan Brandsma kaufte, der den blau-weißen Kraftzwerg mit seinem VW-Bulli-Bus und Dreiecksdeichsel zu den Rennstrecken brachte. In rot umlackiert, mit goldener Fronthaube, setzte ihn Jan van Leersum noch 1970 bei Bergrennen ein. Ein schwerer Unfall, ausgelöst durch den Bruch eines Querlenkers, beendete die Laufbahn von Auto und Fahrer.

Münchens fremde Söhne

De Carlo (1959–1966)


Der in Rom sehr erfolgreich arbeitende Grafikdesigner Salvador De Carlo genoss zu Beginn des Zweiten Weltkriegs engste Beziehungen zum herrschenden faschistischen Mussolini-Regime. Hitler und der „Duce“ belohnten seine gute Zusammenarbeit mit einer gewährten Lizenz, BMW-Fahrzeuge in einem Land außerhalb Europas bauen zu dürfen.

De Carlo zog es nach Argentinien, wo er bereits 1943 in José C. Paz die Firma Metalmecánica SAI gründete, welche vorerst Kühlschränke und Elektro-Kleingeräte herstellte. Bald machte er von der „Duce-Lizenz“ Gebrauch und importierte eine Flotte von BMW-Motorrädern, mit denen er die argentinische Polizei ausstattete. Die lukrierten Gewinne investierte er in die Produktion eines Motorrollers namens „Peperino“, der mit 21.000 gebauten Einheiten reißenden Absatz fand. Was lag nun näher, als in die Autoproduktion einzusteigen? Als noch dazu die argentinische Regierung 1959 per Dekret den zollfreien Import für Fahrzeuge, die im Heimatland assembliert werden, gestattete. De Carlo beantragte ein äußerst engagiert wirkendes Kontingent. 5000 Stück wurden ihm für 1959/60 zugesagt. BMW rieb sich die Hände und versorgte De Carlo mit dem 600er Mini-Van, der nach dem Erscheinen des BMW 700 in Europa faktisch unverkäuflich war. Zu einem sehr günstigen Tarif, versteht sich. Der 600er kam als komplettes Auto in Argentinien an. Nur die Motoren wurden in Extra-Holzkisten verschifft und nachträglich eingebaut. Anstatt des BMW-Propellers zierten stylische „De Carlo Industria Argentina“-Alu-Embleme den Minibus, der sich auch in Argentinien mehr schlecht als recht an den Mann bringen ließ. Von der angestrebten 5000er-Quote weit entfernt, fanden sich nur 1.413 Käufer, ehe 1961 die Lager in München leer waren.

De Carlo 700


1960 folgte der „De Carlo 700 Glamour“, eine BMW 700-Limousine, nach dem gleichen Erfolgsmuster des Vorgängers neu gebrandet. Ab 1961 wurde auch ein „De Carlo 700 Coupé“ in Argentinien zum Verkauf angeboten. Seine Idee, die Regierung weiter an der Nase herumzuführen, dass es sich dabei um im Heimatland gebaute Wagen handle, gestaltete sich immer schwieriger. So merkte auch die Fachpresse an: „Die häufige Wiederholung des Markenzeichens ,De Carlo‘ auf dem Handschuhfachdeckel, der Hupe und sogar der Polsterung einiger Versionen wirkt äußerst irritierend. Wer im Auto Platz nimmt, kennt doch die Marke bereits und muss nicht ständig daran erinnert werden.“ Da sich die beiden neu eingeführten Modelle erwartungsgemäß sehr gut verkaufen ließen – speziell das Coupé war bei den südamerikanischen Sport- und Rennfahrern bis in die 70er-Jahre sehr beliebt – fuhr Salvador De Carlo rückengestärkt nach München, um ein Projekt zur Errichtung eines BMW-Werks in Argentinien zu diskutieren. Mit einer Absage im Reisegepäck musste er enttäuscht die Rückreise antreten. Der De Carlo 700 wurde Ende 1963 eingestellt.

Wer jedoch glaubt, dass die Geschichte hier enden könnte, irrt beträchtlich. Regierungsinspektoren besuchten bereits 1961 das De Carlo-Werk, um feststellen zu müssen, dass, außer Logos und Polsterungen keine weiteren Teile im Heimatland produziert wurden. Geschweige denn, dass ganze Autos bei Metalmecánica zusammengebaut werden würden. Ein klarer Regelverstoß, der vorerst zum Import- und Produktionsverbot der 700er BMWs führte. Im Oktober 1962 widerrief man diese Entscheidung und hielt De Carlo dazu an, ein neues Modell, den „De Carlo SL“ zu entwickeln und zu produzieren.

De Carlo 700SL


Wider der heftigen Probleme mit der argentinischen Regierung, gelang es De Carlo, 1964 ein den politischen Regeln entsprechendes Auto in seinem Werk herzustellen. Der neue „De Carlo SL“ war technisch gesehen nach wie vor mit dem bewährten De Carlo/BMW 700 identisch. Bei der neu gestalteten zweitürigen Karosserie ging man „Zwitterwege“: Das damals so sehr beliebte Drei-Boxen-System blieb erhalten. Der Mittelteil des Aufbaus entsprach weitgehend dem BMW 700, Vorder- und Hinterteil dem 1961 vorgestellten Simca 1000. Ebenso wie die seitlich durchlaufende Karosseriesicke. Bei Front- und Heckleuchten bevorzugte man eigene Gestaltungswege. Die gewöhnungsbedürftige Scheinwerferanordnung bescherte dem Auto den Spitznamen „Chiang Kai Shek“, dem damalig in China herrschenden Diktator. Im März 1965 startete die Produktion, welche bereits wieder im September desselben Jahres endete, nach nur 12 gebauten Exemplaren.

Die Tester des argentinischen Automagazins „Parabrisas“ (No. 52, Marzo 1965) meinten: „Er ist kein Cadillac Eldorado, kein Ferrari GTO, aber wir mochten ihn.

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Fahr/Chrysler Farmobil 700L (1962–1966)


1938 begann man in der 1870 gegründeten Maschinenfabrik Fahr in Gottmadingen Traktoren zu produzieren. Mitte der 50er-Jahre befasste man sich mit der Planung eines preisgünstigen Universal-Fahrzeugs für Gelände und Landwirtschaft. Der erste Prototyp war 1956 fertiggestellt, mit rundgelutschter 50er-Jahre-Karosserie und Fronttüre im Stile einer Isetta. Als Antriebsquelle fungierte der Motorrad-Zweizylinder-Motor der Horex Imperator. Da sich dieser Motor aufgrund von Vibrationen und Überhitzungsproblemen nicht bewährte, stieg man beim zweiten Prototypen 1959 auf den bewährten BMW-600-Boxermotor um, ehe man der kompletten Technik des BMW 700 LS vertraute. Motor, Getriebe, Bremsen und Räder entstammten dem BMW-Kleinwagen. Die Karosserie hatte man aus Kostengründen geglättet. Sie erhielt eine rein eckige Zweckform, ähnlich dem von Erich Ledwinka entwickelten Steyr-Puch Haflinger, bei dem ebenfalls ein luftgekühlter Zweizylinder-Boxermotor für Vortrieb sorgte.

Geplant war eine Fahr-Ausführung für die Landwirtschaft, eine BMW-Ausführung für gewerbliche Zwecke, sowie eine Militärversion. Das Farmobil ging bei Fahr jedoch nie in Serie. Es wurde aber als Lizenzprodukt hergestellt und über die Chrysler-Plattform vertrieben. In Österreich und der Schweiz als Steyr Fahr, in Deutschland und Italien als BMW, in Frankreich als Simca. Die Produktion fand 1962–1966 in Saloniki, Griechenland, statt. Petros Kontogouris erwarb 1957 die Baulizenz.

Das Farmobil gab es als Pritschenwagen, Lieferwagen mit Plane, Jagdwagen, Personentransporter für sechs Personen und als Feuerwehrfahrzeug. Weitere Verwendungsmöglichkeiten als „attraktiver Marktstand“ und „stationärer Motor für Melkmaschinen“ fanden im BMW-Prospekt Erwähnung. Herz, was willst du mehr?

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 BMW 700 Boano (1960–1964)


Nicht bei Felice Mario Boano in Grugliasco, sondern bei „Carrozzeria Boano“ in Rom fertigte man über 3000 Stück des BMW 700 für den italienischen Markt. Das Boano-Cabrio überzeugte mit verändertem Motordeckel und Verdeckgestaltung gegenüber der werkseitigen Stuttgarter Baur-Variante.

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Colani BMW 700 1963

Lutz Colani wurde 1928 in Berlin geboren. Er studierte Bildhauerei und Malerei in seiner Geburtsstadt. In Paris vereinigte er dank eines Aerodynamik- und Ultraleichtbau-Studiums sein Technik- und Kunstverständnis. Organische Formen prägten seine Entwürfe. Er selbst bezeichnete seine Formensprache als Biodesign: „Dieser corps célèstre, auf dem wir wohnen, ist eine Kugel, und es ist auf dieser Kugel einfach nicht möglich, eine gerade Linie zu zeichnen, das ist philosophisch nicht möglich!“ Dieser Erkenntnis entsprechend, weigerte er sich jemals ein Lineal zu benutzen, im krassen Gegensatz zum Kantenliebhaber Giorgio Giugiaro. Seine Devise: „Immer freischöpferisch, aus der Armkugel drehend, den Zeichenstift kreisen lassen, globusgerecht, also in gekrümmten Linien.“ Colani betonte, dass er beim Automobil ganz bewusst einen Unterschied zwischen Design und Styling macht. „Der Designer baut ein Auto von innen heraus, entwirft, basierend auf einem Grundensemble, einen optimalen Innenraum und denkt dann erst an das Äußere. Während der Stylist die Bequemlichkeit der Insassen der äußeren Linie, dem Look der Konturen, unterordnet.“

Sein 1963 gebauter BMW 700 Sportwagenprototyp wird in der Literatur als weltweit erstes Kunststoff-Monocoque bezeichnet. Jedoch haben der britische Rochdale Olympic und Lotus Elite schon Jahre zuvor dieses Konstruktionsprinzip vorweggenommen, wo Fahrwerks- und Antriebsteile direkt im Fiberglas verankert werden. Aerodynamische Optimierung mit kantenlosem Design drückten den Luftwiderstandbeiwert (Cw-Wert) des BMWs auf lächerlich niedrige 0,22. Der Colani-Zweisitzer wiegt lediglich 430 Kilogramm und soll mit seinem Zweizylinder-Boxer-Motor für eine Spitzengeschwindigkeit von über 200 km/h gut sein. Trotz hoher technischer Innovation und gefälliger Optik verblieb der Colani-700er im Prototypenstadium und wurde nie in Serie gebaut.

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Jacques Coune BMW 700 Luxus Estate 1966


Jacques Coune’s Karosserieschneiderei entstand Mitte der 50er-Jahre in der Brüsseler Avenue de la Couronne. Er beschäftigte dort siebzehn hochtalentierte italienische Blechkünstler, die den Fahrzeugen seiner betuchten Kundschaft einen automobilen Maßanzug verpassten. Zwei Jahre bevor British Leyland sein MGB GT-Heckklappen-Coupé auslieferte, verließen bereits 56 linksgelenkte, handgebaute MGB Coune Berlinettes die belgischen Werkstatthallen; mit festem Blechdach, Fastback-Heck und verkleideter Scheinwerferfront. Couturiert im Stile eines eleganten Lusso-Ferraris, unter Vernachlässigung britisch-konservativer Knorrigkeit. Nach fünf Freiluft-Volvo-Amazon-Cabrios und einem Amazon Roadster, machte Coune von 1963– 1965 mit praktisch schönen Kombi-Kreationen am Brüsseler Auto-Salon auf sich aufmerksam. Der Kombi der 60er-Jahre galt allgemein als Nutzfahrzeug für Greissler und Handwerker. Coune versuchte Nützlichkeit und Ästhetik zu vereinen: Zwei der Edel-Transporter entstanden auf Basis des Heckflossen-Benz 220 S. Peugeot 404-, BMW 1800- und 700-Coune-Kombi blieben allesamt Einzelstücke. Letzterer stellte eine fragwürdige Schönheit dar: Mit in die Heckklappe eingebastelter Limousinen-Heckscheibe, sowie Beibehaltung von C-Säule und der hinteren Seitenfenster. Der Verbleib dieses Unikats ist unbekannt.

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Alta A700 1967

1958 gründete Ioannis Tangalis die Firma „Alta“ in Athen, benannt nach den beiden Anfangsbuchstaben des Vor- und Nachnamens seiner Gattin, Alexandra Tangalis. Leichte Lastendreiräder und robuste Motorräder standen am Produktionsplan, ehe man sich 1967 entschloss, einen größeren Dreiradler für 800 Kilogramm Nutzlast zu fertigen. Den Alta A700, mit zweisitzigem Fiberglasfahrerhaus und unzähligen Aufbauvarianten, vom Pritschen- bis zum Kastenwagen. Ein 35 PS starker BMW 700-Murl trieb die Hinterachse an. Dank seines hübschen Aussehens und der zuverlässigen Technik war der Alta A700 in Griechenland sehr häufig anzutreffen. Auf der ganzen Welt wurde er dank einer kurzen Nebenrolle im Film „Griechische Feigen“ bekannt. Einer erotischen Komödie aus dem Jahre 1977, die in den 90er-Jahren spätabends auf RTL erstaunliche Einschaltquoten erzielte. 1968 erweiterte ein PKW die Alta-Programmpalette. Der dreirädrige A200 war ein Lizenzbau des deutschen Fuldamobils. Zehn Jahre später schloss die Firma Alta für immer ihre Pforten.

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Faun Kraka Typ 640 1973

Im Herbst 1962 stellte die Nürnberger Zweirad-Union AG den „Kraftkarren“ (Kraka) vor. Ein extrem geländegängiges Kleinstfahrzeug für Landwirte und Jäger, als auch für den Katastropheneinsatz der Bundeswehr.

Eine weitere wesentliche Bedeutung erzielte der Kraka als militärisches Transportmittel für den Lufttransport als Unterstützung der Fallschirmjäger. Ursprünglich wurde dieses platzsparend in der Mitte zusammenklappbare Quad mit einem unverwüstlichen 20-PS-Goggo-Zweitakter ausgeliefert. Dieser erwies sich aber der Nutzlast von 750 Kilogramm nicht gewachsen, weswegen man 1973 auf den auf 26 PS gedrosselten BMW 700-Boxermotor samt Getriebe umstieg. Der Heckantrieb erfolgte über zwei Ketten auf die Hinterräder.

Mit den von Metzeler eigens entwickelten ultrabreiten Lypsoid-Reifen konnte man eine Steigfähigkeit von 60 Prozent erreichen, die Watttiefe des Typ 640 lag bei respektablen 50 Zentimetern. Zusammengeklappt maß der Kraka gerade mal 1,85 Meter, seine größte Gesamtlänge betrug 2,78 Meter. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 60 km/h.

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BMW Projekt E 29 1975

 Diplomingenieur Manfred Huber war bereits seit 1951 als Chef der Elektro-Entwicklung bei BMW tätig. 1970 entwickelte er ein fahrfähiges Elektrofahrzeug auf Basis des BMW 1602. Die Batterien fanden im ehemaligen Motorraum Platz, der Elektro-Fahrmotor rückte an die Stelle des ursprünglichen Getriebes. Mittels Kardanwelle erfolgte die Kraftübertragung auf die Hinterräder. Fünf Jahre später konzipierte Huber die Grundidee eines „Stadtcoupés“. Deutlich kleiner und leichter als der 02er sollte er sein. Ein Fahrzeug für den Individual-Nahverkehr, mit einfachster Bedienung, weitgehender Wartungsfreiheit, Leichtbau und Verwendung möglichst preisgünstiger Komponenten. Als Versuchsträger hatte man den damals schon alten Typ 700 vorgesehen, den man erst als gut erhaltenes Exemplar im Gebrauchtwagenhandel zukaufen musste. Bei dessen Überarbeitung erhielt der Wagen eine Schaltung in Form von Drucktasten („V“ für „nach vorne“ und „R“ für „rückwärts“), sowie ein elektronisches Lenkradschloss in Form einer einzugebenden Code-Nummer, ohne die nicht gestartet werden konnte. Die Drucktasteneinheit positionierte man in die Mitte des Armaturenbretts. Hinter der extra angefertigten „Tankklappe“ am linken vorderen Kotflügel versteckte sich der Stromtankstecker, sowie eine Nachfüllöffnung für verdunstetes Batteriewasser. Der Motor saß, dem 700er-Konzept entsprechend, hinter der Hinterachse. Die Varta-Batterien hatte man unter der Rücksitzbank verstaut. Dieser agile Prototyp eines kleinen Stadtwagens wurde von den Testern so gut beurteilt, dass Huber daraufhin mit der Planung eines völlig neuen Fahrzeugs beginnen konnte.

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Der BMW 700 im Modell


Minichamps beglückte uns jahrelang mit unzähligen Farbvarianten von BMW 700-Modellen im Maßstab 1:43. Als eines der ersten lieferbaren 700 Limousinen-Modelle kam der metallic-graue LS mit dunkelroter Innenausstattung auf den Markt, ein oleanderrotes Coupé wurde nur 1.008 Mal produziert, das 700 Cabrio in keramikblau war auf 3.024 Stück limitiert. Aber auch Herbert Linges BMW 700 Sport, mit dem er 1961 bei der British Empire Trophy in Silverstone Dritter wurde, war neben vielen weiteren Rennsportversionen im Minichamps-Sortiment zu finden. Weitaus rarer, viel teurer und seltener am Markt zu finden sind die Handarbeits-Fertigmodelle von SCALA 43. Neben dem BMW 700 Coupé, mit dem Klaus Block und Herbert Paul den fünften Platz bei der Monte Carlo Rallye 1961 heimfuhren, kann man noch unter acht weiteren Rennvarianten wählen. Und selbst, wenn man dann noch immer nicht die richtige Farbe oder den gewünschten Rennbewerb gefunden hat, kann man bei der Firma AutoModelle die Wunschkonfiguration aus den lieferbaren Bausätzen handschneidern lassen.

Ebenfalls als echte Raritäten kann man die Modelle auf je 333 Stück weltweit limitierten Modelle von Auto-Cult in 1:43 bezeichnen. Schon im Mai 2016 präsentierte man den BMW 700 RS-2 mit der Startnummer 102 in ausgezeichneter Fertigungsqualität. Das Modell repräsentierte den letzten Werks-Renneinsatz des BMW 700 RS am Flugplatz von Neubiberg 1964 mit Alexander von Falkenhausen am Steuer. Brandaktuell von „Avenue 43“ am Markt ist Hans Stucks BMW 700 RS-1, mit dem er beim Großen Bergpreis von Österreich, am Gaisberg 1960, den zweiten Platz in der Klasse hinter Walter Schneider auf dem Schwesterfahrzeug RS-2 heimfuhr. Vom selben Hersteller konnte man schon im Vorjahr die 700er-Kollektion mit dem hübschen Martini-BMW 700 Typ 4 Coupé, der leider nie in Serie ging, abrunden.

Wer sich eher dem größeren 1:18-Maßstab zugeneigt fühlt und genug Platz für seine Sammlung vorfindet, dem standen vier hervorragend detaillierte AutoArt-Modelle des 700 Sport-Coupés zur Auswahl: Die Zivilversion war in keramikblau, cremebeige und spanischrot erhältlich. Rennsportfans jubelten über Hans Stucks Racer, mit dem er 1960 einen überlegenen Klassensieg beim Innsbrucker Flugplatzrennen erringen konnte.

Sollte Ihnen das eine oder andere Modell in Ihrer Sammlung fehlen, wenden Sie sich gerne an:
AutoModelle Alexander Trimmel
+43 6991 325 325 3
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